Vergangenen Freitag war der Aufschrei groß. „Der Spiegel“ meldete, dass die „Süddeutsche“ ihre diversen eigenständigen, je vier Seiten umfassenden Lokalausgaben aus Erding/Freising und anderen Kreisen rund um München einstellen werde. Stattdessen gibt es zukünftig zwei Seiten für alle mit dem Interessantesten aus der Region rund um die Landeshauptstadt.
Mein persönlicher Aufschrei war gar nicht so groß, denn er fügt sich in eine Kette ähnlicher Vorgänge. Zwei Beispiele aus eigener Anschauung. Anfang 2024 verkaufte die Osnabrücker Mediengruppe die Schweriner Volkszeitung (SVZ) an den Schwäbischen Verlag. Der verlegt bereits den in Neubrandenburg erscheinenden „Nordkurier“, dem wiederholt Rechtslastigkeit vorgehalten wird. Nach und nach verschwand die SVZ im „Nordkurier“. Der langjährige SVZ-Leser sah sich nun mit Berichten aus Anklam, Neubrandenburg und anderen weitentfernten Regionen konfrontiert. Die ihn vermutlich herzlich wenig interessieren.
Auch von vielen der nun plötzlich erwähnten Sportvereine hatten die Schweriner zuvor sicherlich nichts gehört. Ich wohne zwar erst gute drei Jahre in der Landeshauptstadt, habe aber nicht das Gefühl, dass sich die Menschen für die o. g. Regionen interessieren. Dafür schrumpfte der der Schwerin-Teil auf zwei Seiten, noch garniert mit wenig Stoff aus der nahen Umgebung. Das ist kein Lokaljournalismus, sondern Regionaljournalismus, der das Berichtsgebiet viel weiter fasst. Und wenn das alles nicht schon Strafe genug ist, gibt es auch noch ausführliche Interviews mit z. B. Hans-Georg Maaßen und Maximilian Krah.
Ähnlich das Hamburger Abendblatt. Mit der Umstellung auf das kleinere Rheinische Format am 1. August wurden auch die fünf Regionalteile für Pinneberg, Storman etc. geschrumpft. Der Teil meines Ex-Wohnortes Norderstedt umfasst zumeist nur noch zwei Seiten, der Lokalsport z. B. ist, im Vergleich zu früher, kaum noch erkennbar. Aber dafür füllt zusätzlich je eine Seite aus den umliegenden Kreisen den Lokalteil. So ist man schwuppdiwupp wieder bei der alten Seitenzahl. Ich habe in 20 Jahren in Norderstedt allerdings niemanden getroffen, den Ahrensburg interessierte, auch Pinneberg kaum. Aber klar, der Verlag kann ein und denselben Content mehrfach verkaufen. Unter dem Strich ist auch hier aus Lokaljournalismus Regionaljournalismus geworden. Und nun also die „Süddeutsche“.
Ich verstehe ja den Kostendruck der Verlage, hervorgerufen durch u. a. die schwindenden Leser oder die steigenden Papierpreise, aber es existieren genügend Studien, die die gesellschaftspolitische Wichtigkeit von LOKAL-Journalismus untermauern. Wer weiß, was um ihn herum geschieht, ist für Populisten weniger anfällig.
Man kann von Verlagen nicht erwarten, dass sie sehenden Auges Verluste einfahren, klar. Soll/kann die Politik subventionieren? Ich weiß es nicht. Einstweilen würde mir schon Ehrlichkeit reichen. Was als Lokaljournalismus verkauft wird, ist in Wahrheit Regionaljournalismus. In die Tiefen des Lokalen geht dieser Journalismus nicht mehr.