„Ein Dieb bewegt sich …ganz langsam, so wie der Typ im Ringelshirt, der ganz in Ruhe eine Packung Lachs öffnete, sich den Fisch in die Hose schob und sehr gemächlich weiterging.“

So begann vorige Tage ein Artikel in der „Süddeutschen“ zum Thema Ladendiebstahl, den die Zeitung als „mittlerweile Breitensport“ bezeichnete. Durchaus berechtigt, wie ein Fall aus Hamburg beweist, der aktuell bundesweit für Furore sorgt.

Im noblen Viertel Blankenese klauen nämlich inzwischen im Rewe-Markt auch die Wohlbetuchten wie die Raben. Beliebte Beute sind Bio-Produkte, edler Champagner, Delikatessen und Rinderfilet. Geschäftsführer Fabian Eichemeyer erzählte dem NDR, er habe einen Kunden beim Stehlen eines teuren Weins erwischt und angesprochen: „Da habe ich gesagt: ,Warum mopsen Sie diese 15-Euro-Flasche?'“ Die Antwort: „Na, ich kann doch meinen Gästen keinen billigen Wein vorsetzen!“

60.000 Euro haben ihn die Diebstähle letztes Jahr gekostet, viele Täter kennt er als Stammkunden, er zeigt kaum jemanden an, weil es nichts bringen würde.

So handhabt es auch Nicolas Della Seta von der Centro Apotheke in der Hamburger Spitalerstraße. Denn dann müsste er die Täter bis zum Eintreffen der Polizei festhalten, was zu gefährlich sei. Geklaut würden vor allem kosmetische Produkte, die so zwischen 50 und 60 Euro kosten. Zum Abendblatt sagte er: „Die Leute kommen rein, klauen etwas und schauen einem dabei in die Augen.“ Das Einzige, was bei dieser Dreistigkeit noch fehle, sei, dass sie nach einer Tüte fragen.

Ähnlich unverfroren war eine Frau in dem Edeka Markt im bayerischen Fahrenzhausen, den die Süddeutsche Zeitung besuchte. Sie hatte ein Paket Butter eingesteckt. Als der Marktleiter sie zur Rede stellte, regte sie sich entsprechend auf, das sei doch angesichts des Betrages lächerlich und schließlich: „Ich kauf seit vierzig Jahren bei Ihnen ein.“

Diese Art Schamlosigkeit breitet sich leider immer mehr aus, die Hemmschwellen sind gesunken. Ich denke an den Personalbereich und das Stichwort „Ghosting“. Sich einfach nicht mehr melden. Oder am ersten Arbeitstag nicht erscheinen. 

Vor zwei Jahren kam ein Kandidat nicht zum Teams-Gespräch mit meinem Kunden. Ich erreichte ihn auch nicht mehr. Das hinderte ihn aber nicht, mir fünf Wochen später nochmals seine Unterlagen zu schicken. Auf sein damaliges Nicht-Erscheinen zum vereinbarten Termin angesprochen, meinte er: „Ach so, ja, ich war kurzfristig in ein anderes Projekt eingestiegen.“

Ich will diese und andere Dreistigkeiten, ob Butter- oder Kosmetikklau, nicht entschuldigen. Und mir tun alle die leid, die geschädigt werden. Aber noch mehr empört mich persönlich dann so etwas wie der grenzenlose Diebstahl geistigen Eigentums durch KI-Konzerne, die ungefragt ihre Programme mit Artikeln und Büchern füttern, um daraus Geschäft zu entwickeln. Ohne den Urhebern auch nur einen Cent zu zahlen. Bei solchen Vorbildern braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich jemand Lachs in die Hose steckt.