„Herr Scherping, ich mache mir Sorgen um Sie“, begann kürzlich ein Stammkunde das Telefonat. Ich war verwundert. „Weshalb?“ „Ich habe Angst, dass Sie sich langweilen. Ich habe deshalb einen neuen Auftrag für Sie.“ Ich schmunzelte.
Als ich diese kleine Geschichte einem Freund beim Feierabendbier erzählte, grinste er und fragte: „Erlebst Du so amüsante Geschichten öfter?“ Nun ist es ja eines der Privilegien als Personalberater, dass man so dermaßen unterschiedlichen Menschen begegnet. Und immer wenn man denkt, dass man schon alles gehört und gesehen hat, kommt garantiert jemand um die Ecke und setzt noch einen drauf. Positiv wie negativ.
Ich erinnere mich an einen Geschäftsführer vor langer, langer Zeit, der Kandidaten im Interview nach einer halben Stunde grundsätzlich unvermittelt anbrüllte. Er wollte prüfen wie belastbar sie sind. In diese Falle tappte nur der erste Kandidat, den ich dort je vorstellte. Alle danach waren vorbereitet. Oder an den Personalleiter, der mich auf der einige hundert Kilometer langen Fahrt zu ihm in das Bistro eines Warenhauses umdirigierte. Und mir dort gestand, dass er mir gar keinen Auftrag geben wolle, sondern selbst auf der Suche sei. Oder an die Bewerberin, die wenige Jahre vor der Pandemie bereits auf einen Tag Home-Office in der Woche bestand. Begründung: „Ich muss ja auch mal zu meinen Eltern fahren, die wohnen weiter weg.“
Dann gibt es die Klassiker, die wohl jeder Berater schon erlebt hat. Den Fälscher, der laut seiner Zeugnisse noch bei ostdeutschen Firmen gearbeitet hatte, als die schon längst abgewickelt waren. Den Verdrucksten, der die Lücke im Lebenslauf damit erklärt, dass er „zwei Jahre in staatlicher Obhut“ war. Oder den Pfiffigen, der beim zweiten Gespräch mit meinem Kunden merkt, dass der ihn unbedingt verpflichten will. Und deshalb kurzfristig seine Gehaltsvorstellung um € 10.000 erhöht.
Die Krönung war, als mich ein Kunde anrief, der am Vortag einen Kandidaten von mir gesehen hatte. Und nun verwundert war, dass dieser ihm eine Rechnung geschickt hatte. Ich rief den Kandidaten also an und fragte ihn, wie er denn darauf gekommen sei. Seine Antwort: „Ich habe Ihrem Kunden so viel erzählt und ihm so viele Tipps gegeben, das war wie eine Beratung. Und die stelle ich natürlich in Rechnung.“
Meine Antwort zitiere ich hier lieber nicht, sondern erzähle stattdessen meine positive Lieblingsgeschichte. Ich hatte einer Geschäftsführerin einen Kandidaten vorgeschlagen, der ihre sehr speziellen fachlichen Anforderungen erfüllte. Sie rief mich an und fragte, wie ich denn darauf käme, diesen Mann vorzustellen. Der sei zu alt und das Bild nicht sehr schön. Ich erklärte ihr nochmals, weshalb mir der Mann geeignet erschien. „Na gut, Sie haben mir schon einige gute Leute gebracht, deswegen schaue ich mir den Mann mal an. Aber nur deswegen.“ Nach dem Gespräch mit ihm ein paar Tage später rief sie wieder an: „Wenn Sie noch so einen haben, nehme ich den auch.“