Ich kannte einst den engsten Vertrauten eines Verlagsinhabers, der den Beinamen „Kettenhund“ hatte. Im manager magazin (mm) 10/22 war jüngst zu lesen, dass der langjährige Vertraute des Lidl-Inhabers Dieter Schwarz den Spitznamen „Killerwal“ hatte. Dieser Manager-Typ gilt eigentlich als überholt.
In der derselben Ausgabe las ich aber ein bemerkenswertes Interview mit dem Personalberater Christoph Zeiss. Bemerkenswert, weil er angesichts der aktuellen Herausforderungen Klartext redete, das mm sprach von einem „konservativen Rollback“. Vielleicht zu den Kettenhunden?
Nicht mehr brauchen würde man „Visionär veranlagte Talente“, so Zeiss. Es gebe die jungen Manager: „….die im letzten Jahrzehnt der Hochkonjunktur in die Unternehmen eingetreten sind und dort die Kuschelecken besetzt haben.“ Er betitelte sie als „Generation Weichei“. Zeiss plädierte auch eindeutig für die Rückkehr ins Büro, das Homeoffice hätte die Produktivität nicht gesteigert. Vieles entstehe nur durch das Zusammenwirken von Personen, was im Homeoffice in der Qualität nicht möglich sei.
Zur gleichen Zeit las ich im „Hamburger Abendblatt“ ein Interview mit dem Inhaber der Unternehmensberatung doubleYUU, Willms Buhse. Der sprach: „Ich glaube, dass der Manager ein Auslaufmodell ist. Um Zahlen und Fakten können sich Mitarbeitende selbst kümmern.“ Seine Beratung habe kein Büro mehr, auch er als CEO arbeite von daheim aus: „Ich halte Büros und Konferenzräume für überbewertet.“ Er selbst führe Gespräch mit seinen Mitarbeitern gerne auf Spaziergängen, nennt sie „Geh-Spräche“. Von seinen Mitarbeitern erwarte er, dass sie „sehr selbständig arbeiten, proaktiv kommunizieren und mit- und vorausdenken.“
Zwei ganz unterschiedliche Ansätze von Arbeit. Die die Frage aufwerfen, ob wir zu den tradierten Führungs- und Arbeitsmodellen der Vor-Corona-Zeit zurückkehren müssen, weil die aktuellen Herausforderungen wie Inflation und Lieferkettenbrüche, Corona und Putin es erfordern. Oder ob wir den in der Corona-Zeit begonnenen Weg der Stärkung von Homeoffice und Selbstorganisation mit flexiblen Arbeitszeiten und Work-Life-Balance weitergehen können. Fragt man hierzu zehn Personen, gibt es vermutlich elf Meinungen.
Es gibt aber auch Menschen, denen diese Frage derzeit völlig egal ist. In der „Süddeutschen“ machte Christian Steiger, der Chef des Software-Unternehmens Lexware, gerade darauf aufmerksam, dass es in Deutschland 12,5 Millionen Beschäftigte in Klein- und Kleinstunternehmen gäbe. Diese hätten aktuell ganz andere Herausforderungen: „Bei denen geht es nicht, wie bei vielen Angestellten größerer Unternehmen, um die Frage nach dem richtigen Home-Office oder guter Work-Life-Balance – da geht es häufig um die Existenz.“
Auf den Punkt brachte es in dem Artikel eine Münchner Friseurmeisterin, die die steigenden Energiepreise an ihre Kunden weitergibt: „Was soll ich machen, ich kann die Haare ja nicht trocken pusten.“