Kürzlich las ich, dass ein Fußballspieler in England mit seiner Vertragsverlängerung noch zögert. Er fordert ein Gehalt von € 600.000. Pro Woche! Ein Arbeitnehmer mit € 40.000 im Jahr müsst 15 Jahre arbeiten, um den Wochenlohn dieses Fußballers zu verdienen. Unweigerlich stellt sich die Frage: “Ist ein Fußballer das wert?“

Doch die Frage ist müßig. Denn so lange es jemanden gibt, der ein solches Gehalt zahlt, ist jemand das wohl wert. Solange jemand für ein Gemälde € 100 Millionen überweist, solange ist das Bild das auch wert. Solange jemand für Twitter $ 46 Milliarden bezahlt, ist der Zwitscherdienst das wert.

Das führt mich aber zu dem Punkt, den ich in den letzten Monaten zum Teil mit Kunden diskutieren musste: „Wieviel Euro ist ein Arbeitnehmer wert?“ Die Frage ist aufgekommen, weil sich z. B. die Immobilien- und Mietpreise rasant nach oben entwickelt haben. In vielen Unternehmen sitzen aber Mitarbeiter schon seit Jahren und Jahrzehnten, eine Basis ihres Gehaltes ist u. a. die frühere Mietpreisstruktur vor Ort. Will ein Unternehmen nun einen neuen Mitarbeiter in die Stadt locken, kommt der aber mit dem angebotenen Gehalt nicht mehr hin. Des öfteren habe ich in den letzten Monaten zu Kunden sagen müssen: „Mit dem Gehalt bekomme ich niemanden mit der geforderten Qualifikation an Ihren Standort. Oder nur sehr, sehr schwer.“

Berlin ist so ein Beispiel. Früher sehr günstig, im Vergleich zu etwa Stuttgart, München oder Wiesbaden. In den 2010ern sind dort die Wohnungspreise explodiert. Ein in die Hauptstadt ziehender neuer Mitarbeiter kommt heute mit den z. B. € 55.000, die seine gleichrangigen(!) Kollegen verdienen, nicht mehr hin. Denn seine Monatsmiete beträgt € 2.000, die seiner schon lange in der Stadt wohnenden Kollegen nur € 800. Jedes Unternehmen besitzt aber eine Gehaltsstruktur, die es unmöglich plötzlich verändern kann („10% mehr für alle.“). Ein Dilemma. 

Ich kenne Unternehmen, die jährlich eine definierte Summe an Gehaltserhöhung für das gesamte Unternehmen festlegen, diese aber nicht streuen. Sondern die angeblich Unverzichtbaren und schwer zu Beschaffenden (z. B. IT) bekommen fast alles, die angeblich leicht Nachzubesetzenden (z. B. Kundenservice, Innendienst) werden mit Peanuts abgespeist. Dass das die innerbetriebliche Stimmung hebt, darf bezweifelt werden. 

Der GF einer gut zahlenden IT-Beratung erzählte mir kürzlich, dass einer seiner besten Mitarbeiter von einem internationalen Konzern abgeworben wurde. Der Wechsel brachte diesem eine Gehaltserhöhung von € 85% ein. Die spart der Konzern vermutlich bei den prekären Arbeitsverhältnissen wieder ein. 

Mein Punkt sind nicht die Gehaltsunterschiede, die es qua Funktion und Verantwortung schon immer gegeben hat. Meine Kopfschmerzen resultieren aus dem Dilemma, das Unternehmen den einen Mitarbeitern überproportional mehr Geld geben, um sie zu halten. Und das bei anderen wieder einsparen, weil sie die glauben ersetzen zu können. Das Prinzip „Dieses Jahr 2,8% mehr für alle“ scheint ausgesetzt. Diese Zunahme des Aschenputtel-Prinzips („Die Wichtigen in das Töpfchen….“) spaltet Betriebe und Gesellschaft.