Das Hamburger Abendblatt hat jüngst ein lesenswertes Magazin mit dem Titel “Ich oder Wir“ herausgebracht, in dem es um Menschen und Führung geht. Unter anderem wurden 30 Führungskräften jeweils drei Fragen zum Thema „Chefs und Mitarbeiter“ gestellt. Eine  lautet: “Worauf achten Sie bei Bewerbungen?“ 

Eine Frage, die HR-Verantwortliche, aber auch wir Personalberater täglich beantworten müssen. Natürlich gibt es die harten Kriterien, ob ein Inhouse-Consultant z.B. die geforderten SAP Module beherrscht oder ein Vertriebler mindestens fünf Jahre Erfahrung im Verkauf von Kränen besitzt.  

Aber es existieren natürlich auch die weichen Kriterien. Zu denen gefällt mir die Antwort von Petra von Strombeck (New Work/ Xing) sehr gut:“ Auf die Begeisterung der Menschen für das Thema, für das sie antreten.“ Das ist ein Kriterium, das ständig genannt wird und oft auch zum Scheitern führt. Wenn der Arbeitgeber das Gefühl hat, dass der Kandidat nicht brennt, ist das Gespräch eigentlich schon vorbei. Und es passiert ja tatsächlich nicht selten, dass auf die Frage, was den Bewerber an dem Unternehmen reizt, die Antwort kommt: “Der Weg von meiner Wohnung ist 15 Minuten kürzer.“

Nun wird ja angesichts des Fachkräftemangels oft von Unternehmen gefordert, etwas lockerer zu werden und nicht alle Kriterien knallhart anzuwenden. Das unterschreibe ich. Aber ich finde, dass man das Thema „Begeisterung“ keinesfalls aufweichen sollte. Das gilt auch für das Kriterium von Karsten Broda, Hamburgs Kultursenator: “Ich brauche das Gespräch und Zeit – dann merke ich irgendwann, wieviel Substanz jemand mitbringt. Das ist entscheidend.“ Ja, Substanz ist und bleibt entscheidend.

Ganz großartig finde ich die Antwort von Dr. Katharina Schaefer, Geschäftsführerin der Hamburg Media School: “Mir ist wichtig, dass ehrliche Entscheidungen bei der Bewerbung sichtbar sind. Das kann auch mal ein Schlenker im Lebenslauf sein oder eine im Nachhinein falsche Entscheidung. Immer nur alles auf Erfolg zu trimmen, finde ich unrealistisch.“

Ja, eigentlich jeder greift in seiner beruflichen Laufbahn mindestens einmal daneben. Weil z. B. einem anderes versprochen wurde, man sich falsche Vorstellungen vom Unternehmen gemacht hat, man nicht zur Firmenkultur passt oder sich unter dem Studiengang etwas anderes vorgestellt hat oder die absolvierte Lehre keine Perspektive bietet. Umwege und Fehlentscheidungen müssen erlaubt sein.

Wunderbar ist das Kriterium von Dr. Peter Figge, Vorstand bei der Werbeagentur Jung von Matt: “Auf Ecken und Kanten, die einen Menschen einzigartig machen.“ Ja, Persönlichkeiten statt Schleimern und grauen Mäusen, wer wollte ihm da widersprechen?

Und falls Sie einmal ein Bewerbungsgespräch bei Daniel Kühnel haben, dem Intendanten der Hamburger Symphoniker, sollten Sie vorbereitet sein: “Darauf, ob der Bewerber jetzt auch einen hübschen Witz erzählen könnte.“ Da helfe ich Ihnen gleich. Einer der hübschesten, den ich in letzter Zeit gehört habe, lautet: Gehen zwei Tomaten über die Straße. Wird die eine überfahren. Sagt die andere: „Passiert.“