Der Bewerber hat alles richtig gemacht, ein gutes Gespräch geführt, klare Antworten gegeben, intelligente Fragen gestellt. Die Mienen der Personalleiterin und des Fachvorgesetzten hellen sich zunehmend auf. Und dann nimmt das Unheil seinen Lauf.
Denn der Kandidat hat ebenfalls das Gefühl, dass es gut läuft. Für ihn. Und stellt deshalb kurz vor Gesprächsende Forderungen. Ganz „beliebt“ ist das Thema Auto. Als Berater habe ich ihm natürlich schon erzählt, in welcher Klasse und von welcher Marke Wagen zur Verfügung gestellt werden. Doch der Kandidat tönt: „Eines noch zum Auto. Also ich fahre nur A6, das dürfte ja kein Problem sein.“ Doch.
Oder das Gehalt. „Meine Gehaltsangabe damals bezog sich auf 35 Stunden. Wenn ich jetzt 36,5 Stunden arbeiten soll, komme ich damit natürlich nicht mehr hin“, sagt die angehende Führungskraft. Oder die Spesen. „Glauben Sie bloß nicht, dass ich Auslagen vorfinanziere. Ich erwarte eine Firmenkreditkarte.“ Es mag ja sein, dass er bereits schlechte Erfahrungen gemacht hat. Aber das Thema kann man geschickter einleiten.
Warum tun Menschen das? Was veranlasst sie, in einer guten Ausgangssituation so übermütig zu werden? Ist es dieses „Die wollen mich, es gibt keinen besseren“? Verbunden mit der Auffassung, was man nicht am Anfang einfordert, bekommt man später nicht mehr?
Ich bin immer ein Freund gewesen, sich Dinge entwickeln zu lassen. Wer bewiesen hat, dass er es kann, hat alle Chancen, Wünsche und auch Forderungen zu realisieren. Weil er sein Können, seinen Mehrwert für das Unternehmen bewiesen hat. Wer die Erfüllung erzwingt, gewinnt vielleicht für den Augenblick, steht aber zugleich einen Schritt über dem Abgrund.
Ich habe diesen Fehler auch auf Firmenseite beobachtet. Da wird ein Gespräch mit einem Kandidaten geführt, es verläuft sehr gut, weshalb die Firma ihn zum zweiten Gespräch einlädt und letzte Details besprechen will: „Den Vertrag können Sie nach dem Gespräch ja denn gleich mitnehmen.“ Warum wartet die Firma nicht den Verlauf des zweiten Gesprächs, lässt den Ausgang offen? Weshalb wiegt sie ihn so in Sicherheit, dass er nur womöglich seine Forderungen erhöht?
Wohlgemerkt, ich bin sehr großer Freund von Augenhöhe. Man muss sich im Arbeitsalltag erst einmal kennenlernen. Wenn nach der Probezeit beide Seiten zufrieden sind, sollte die Firma ebenso zu Optimierungen bei z. B. Home-Office-Regelung oder Zielvereinbarung bereit sein wie der neue Mitarbeiter. Ja, ich weiß, dass das nicht immer der Fall ist. Aber gerade angesichts des Fachkräftemangels sind Arbeitnehmer in einer guten Position, die sie nur nicht grenzenlos ausnutzen sollten.