„Der Job, den Sie anbieten, ist der für vier oder fünf Tage die Woche?“
„Fünf.“
„Dann bin ich nicht interessiert.“ Telefonat beendet.
Diese und ähnliche Szenen kennt jeder, der Vakanzen zu besetzen hat. Immer öfter klopfen Interessierte zuerst die Rahmenbedingungen ab, bevor es um die eigentliche Aufgabe geht: „Wir sollten erst über Homeoffice, Wochenarbeitszeit und Work-Life-Balance sprechen.“
Wobei die Work-Life-Balance ihre Zukunft schon wieder hinter sich hat. Denn jetzt geht es um Work-Life-Separation. Die Trennung von Arbeit und Freizeit hat die Balance von Arbeit und Freizeit abgelöst. Zumindest bei der Generation Z.
Das Resultat sind die vielerorts schon begrüßten oder verhassten Quiet Quitters. Menschen, die ihren Job von 9 bis 17 Uhr machen, den oft auch gerne und gut. Aber die keine extra Aufgaben übernehmen, keine Mails nach Feierabend lesen und für die Arbeit am Wochenende tabu ist. Ihren Feierabend wollen sie für sich nutzen, nicht für die Gewinnmaximierung ihres Arbeitgebers.
Der ehemalige Top-Marketingmann und heutige Coach Oliver Blecken hat diese Entwicklung neulich auf meedia.de mit einem Generationenkonflikt erklärt. Jede Generation versuche sich von den vorherigen irgendwie abzugrenzen und beziehe radikale Gegenpositionen. „Die Rache der GenZ“ ist sein Beitrag folglich überschrieben.
Ich bezweifle, dass es um Abgrenzung und Rache geht. Es geht um Weiterentwicklung. Die Baby Boomer haben aus dem Vollen geschöpft. Ressourcen gab es doch unendlich. Ob dicke Autos oder lange Flugreisen, übervolle Fleischteller oder Fisch satt, feinste Elektronik oder warmes Eigenheim: Was kostete die Welt? Und dafür Überstunden leisten und Wochenendarbeiten für normal halten war halt der Preis.
Heute hat sich das Bewusstsein weiterentwickelt. Es geht nicht um Widerstand gegen andere Generationen als Selbstzweck, sondern als Selbsterhalt. Das Bewusstsein um den Klimawandel und die begrenzten Ressourcen der Erde haben parallel zu anderen Werten im Arbeitsleben geführt. Ich will nicht nur das Klima und Tiere schützen, sondern auch mich. Indem ich mehr Zeit für mich, für meine Familie und Freunde reserviere.
Ich finde diese Entwicklung im Grundsatz gut. Verschwitzte Manager unter Termin- und Ergebnisdruck mit zwei Handys und zwei Laptops am Flughafen wird niemand vermissen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele junge Leute zwar Hafermilch und Tofu predigen, aber z.B. dennoch gerne und viel fliegen. Weil sie schließlich etwas von der Welt sehen wollen.
Diesen Pragmatismus würde ich mir von der Generation Z auch für das Arbeitsleben wünschen, eine Art Work-Life-Pragmatismus. Nicht mehr der Irrsinn mit Überstunden bis Mitternacht, mit Dienstreisen voller Wochen im Hotel, mit geringstem Fixum und hohem Bonus. Abgemacht. Aber mit der Bereitschaft zu einem kontrollierten Mehr wenn es notwendig ist. Denn unsere Wirtschaft steht weiterhin im weltweiten Wettbewerb. Und den gewinnt man nur mit Kreativität, Intelligenz, Einsatz, Kollegialität und einem Miteinander, nicht mit Egoismus.
(Bild von master1305 auf Freepik)