„Die Umschläge sind da drüben in the yellow Regal.“ Was ein bisschen nach Zug-Ansagen klingt („Senk ju for träwelling“), spielte sich tatsächlich in einer Post ab. Ein Mann, vermutlich arabischer Herkunft, hatte der Schalterbeamtin Geld und Zettel hingehalten, die an eine Adresse geschickt werden sollten, die er ihr zeigte. „Das müssen sie in einen Umschlag tun.“ Unverständnis beim Mann. Was meinte sie? „Einen Umschlag!“ Und in ihrer Hilflosigkeit zeigte sie auf das „yellow Regal“ mit den Umschlägen.
Da waren zwei aufeinandergestoßen, die sich nicht gesucht hatten, aber zumindest brauchte der eine die andere. Die Frau hinter dem Schalter sprach kein Englisch, der Mann davor kein Deutsch. Doch nicht nur an diesem Schalter gab es Kommunikationsprobleme. Der zusätzliche Raum der Postbank war unbesetzt, wie üblich. Folglich mussten die Frauen hinter dem Schalter als Bankerinnen fungieren. Bei der einen eröffnete ein Mann aus Osteuropa ein Konto, die Frau pendelte zwischen Kunde und Fotokopierer und der Suche nach Englischvokabeln.
Am dritten geöffneten Schalter ging es um die Übertragung von Kontoverfügungen, eine recht alte Dame stand mit ihrer Tochter dort und verstand nicht mehr so richtig, welche Folgen welche ihrer Unterschriften haben würde. Deshalb erklärte ihr die Schalterbeamtin das mit: „Wenn Sie eines Tages mal nicht mehr sind, dann…..“. Am vierten Schalter konnte er ein junger und des Deutschen nicht kundiger Mann nicht verstehen, warum er nicht mit Papas Scheckkarte Geldgeschäfte abwickeln konnte. Papa war noch in Syrien. Mit den ihm zugerufenen Hinweisen „Kontovollmacht“ und „Ihre Daten müssen in unserem System hinterlegt sein“ konnte er eher nichts anfangen. Und die Schlange wurde immer länger und ungeduldiger.
Ein Vorwurf ist keinem der Beteiligten zu machen, denn der Fehler liegt im System. Da kommen Menschen aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland, beherrschen die Sprache (noch) nicht und kennen auch das hiesige Formularwesen nicht. Da dürfen Menschen, die sich für eine Tätigkeit hinter dem Posttresen entschieden haben, kaum mehr Pakete auswiegen oder Briefmarken verkaufen, sondern müssen ohne Ende Formulare ausfüllen und sämtliche Erläuterungen in einer Sprache geben, die sie nicht beherrschen. Weil ihr Gegenüber die ihre nicht versteht. Das stresst sie natürlich und macht sie zusätzlich zum Gespött, hinter mir standen zwei Schülerinnen, die sich über die geringen Englischkenntnisse der Postlerin köstlich amüsierten.
Wenn Führung bedeutet, dass man seinen Mitarbeitern Arbeitsbedingungen schafft, unter denen sie die ihnen aufgetragene Arbeit optimal erledigen können, dann haben hier Führungskräfte versagt. Die Flüchtlings- und Sprachproblematik ist ebenso wenig neu wie die ständige Abwesenheit der eigentlichen Postbank-Mitarbeiter. Anstatt aber die Mitarbeiter zu schulen, ihnen Englischkurse anzubieten, vielleicht auch einen interkulturellen Basiskurs, lässt man sie allein. Mir will auch nicht in den Kopf, dass diese Mitarbeiter immer mehr zeitaufwändige Bankeraufgaben übernehmen sollen.
Es ist wie so oft, dass die Organisationsstruktur den Alltagserfordernissen hinterherhinkt. Und anscheinend fühlt sich niemand dafür verantwortlich, die Organisation anzupassen. Die Mitarbeitenden sind the Ausbader.