Zugegeben, die Überschrift ist nicht ganz korrekt. Die elf Millionen unbesetzten Stellen prophezeit die Arbeitsmarktforscherin Sandra Zimmermann erst für 2034. 

Und natürlich gibt es Lehrlinge, aber nicht genügend. Vor allem: nicht genügend Gute. Das behauptet die jüngste Studie des Arbeitgeberverbandes Nordmetall. 63% der Betriebe beklagen, sie würden nur schwer „ausbildungsfähige“ Azubis finden. „Ausbildungsfähig“ meint, gute Deutschkenntnisse, gute Rechenkenntnisse und Soft Skills wie Verlässlichkeit und Pünktlichkeit.

Der Transformationsberater Tobias Krüger formuliert die momentane Situation ganz drastisch: „Der Krieg um die Talente ist vorbei – die Talente sterben aus. Nur hat das noch keiner begriffen.“ Recht hat er, zumindest teilweise. Ohne Zweifel gibt es nach wie vor Unternehmen, die das Ende der Bewerberflut noch nicht realisiert haben und nichts verändern.

Andererseits haben viele Firmen, die das bereits be- und Maßnahmen ergriffen haben, z. B. ihren Recruitingprozess beschleunigt und sich für Bewerber attraktiver gemacht. Durch ein individuelles Weiterbildungsangebot und Goodies, die vor Jahren noch undenkbar waren. Durch flexible Arbeitszeitangebote, durch ein an die Hand nehmen von zugewanderten Arbeitskräften, um ihnen über die Hürden von Bürokratie und Spracherwerb zu helfen. Durch die Möglichkeit, einen kleinen Teil der Arbeitszeit für soziales Engagement zu nutzen. Da wird die Dating App bezahlt, das Fitnessstudio oder gar der Führerschein. Obstkorb und Red Bull sind von vorgestern.

Doch all das lindert (noch) nicht das oben erwähnte Dilemma der Handwerksbetriebe. Holger Angrick, Personalleiter der Firma R. Stahl, wird im „manager magazin“ mit den Worten zitiert: „Zudem haben viele Digital Natives Berührungsängste mit handwerklichen Tätigkeiten.“ Das Ergebnis: Auf 545.000 Ausbildungsstellen kommen 422.000 Bewerber. Nordmetall hat deshalb den Begriff „Fachkräftemangel“ gestrichen und spricht von „Fachkräftekrise“, ja sogar von „Azubi-Notstand“.

Doch auch Nordmetall hat verstanden, dass die Betriebe sich attraktiver darstellen müssen. Also aktiver in Social Media sein, die Sinnhaftigkeit einer Arbeit in der Metall- und Elektrobranche verdeutlichen (Stichwort Energiewende), Flexibilität bei Arbeitszeit und Home-Office zeigen, die Zusammengehörigkeit fördernde Events anbieten. 

Ich möchte zum Schluss auf einen bislang unbeachteten Aspekt zum Thema „Ausbildungsfähig“ hinweisen. In Dänemark haben Wissenschaftler sich die Daten von knapp 800.000 Kindern in 1.200 Schulen angesehen, die zwischen 1989 und 2005 geboren wurden. Sie haben sich deren Schulnotendurchschnitt in der 9. Klasse angeschaut und zugleich den Grad der Luftverschmutzung an der Adresse des jeweiligen Kindes erhoben. Und siehe da, die Kinder, die in einer „saubereren“ Straße wohnten, erreichten einen besseren Durchschnitt als die Klassenkameraden(!) aus einer „schmutzigen“ Straße.