Walter Foltin lernte ich vor ca. 20 Jahren kennen, da war er Geschäftsführer des Kalibrierdienstleisters SaabMetech. Seitdem haben wir wiederholt zusammengearbeitet. Heute ist der GF Deutschland der schwedischen Firma Maint Master, die Maintenance Software entwickelt und verkauft. Er war immer in internationale Konzerne eingebunden. Grund genug, um mit ihm über interkulturelle Freuden und Leiden zu sprechen.

J.S: Herr Foltin, was unterscheidet im Arbeitsalltag einen Finnen von einem Engländer, von einem Schweden, von einem Dänen von einem Franzosen? In jeweils einem Satz, bitte.

W.F.: Die Engländer sind ziemlich gut in der englischen Sprache, was dazu führt, dass sie sich wenig Mühe mit anderen Sprachen und Kulturen geben. Sie sind versessen auf das Reporting und haben ab und an mal Angst vor fremden Märkten (Deutschland, Frankreich…) mit merkwürdigen Sprachen. Die Amerikaner sind viel entspannter als die Briten, sehr zielorientiert. Wechseln gern mal die Pferde, auch wenn der besprochene Meilenstein noch gar nicht in Sicht ist. Sie sind echte Kumpel, die aber keinerlei Skrupel kennen.

Die Schweden sind uns Deutschen sehr ähnlich, machen was sie sagen und sagen was sie machen. Sie können jedoch auch leicht in einer Konsens-Schleife festhängen und mögen ungern eine Chefansage. Die Dänen sind sehr entspannt und trotzdem sehr effizient. Im Gegensatz zu den Schweden ist Konsens für Dänen nicht zwingend notwendig. Sie sind sehr gute Netzwerker und sehr harte Verhandler. Die Finnen sind harte Arbeiter, sprechen wenig und schaffen viel, sind sehr verlässlich, vermeiden aber grundsätzlich Höflichkeitsfloskeln, dazu gehören auch „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“.

JS.: Wie sind Sie als Deutscher, Ihrer Einschätzung nach, wahrgenommen worden, welche (Vor-)Urteile haben Sie bemerkt?

W.F.: Genauso, wie das Klischee es für uns vorsieht: zu pünktlich, zu detailversessen, gerne mal polterig, unfreundlich (das macht unsere Sprache, das sind nicht wir), und natürlich gut organisiert. Das Interessante ist, das von uns genau das auch erwartet wird und alle ausländischen Kollegen sich freuen, wenn man es bestätigt. Man muss ihnen dann auch mal den Gefallen tun 🙂

J.S.: Was raten Sie jemandem, der erstmals einem Geschäftspartner aus einer Kultur begegnet, die ihm fremd ist?

W.F.: Erstmal ganz kleine Brötchen backen und genau zuhören. Nicht glauben, dass man weiß, wie die andere Kultur funktioniert. Fettnäpfchen wie Politik, Religion, Gendern etc. nicht ansprechen und möglichst nicht wirklich darauf antworten, wenn man gefragt wird. Offen sein für Überraschungen und geduldig sein, wenn der Andere viele Vorurteile über uns Deutsche hat. Wie überall funktioniert auch hier die Beziehung nur, wenn man seinem Gegenüber eine positive Grundeinstellung spüren lässt.

J.S.: Herr Foltin, vielen Dank für Ihre einprägsamen Charakterisierungen und wertvollen Hinweise.