„Ich sach mal ein dicker Aal und ein wunderschöne Seite Lachs für 25 €, und dazu noch ne Schillerlocke, immer noch 25 €, und ich pack noch nen Heilbutt obendrauf, noch immer 25 €, und nen Stremellachs extra, ich sach immer noch 25 €, kommt ran hier, kommt ran hier.“ So ungefähr klingt es auf dem Hamburger Fischmarkt, mancher wird es kennen.

Und so ähnlich passiert es dieser Tage in vielen Unternehmen. Die Bewerberin kommt zum entscheidenden Gespräch in die Personalabteilung: „Schön, dass du gekommen bist, setz  dich bitte. Also, pass auf, ich nehme jetzt hier diese Tüte und packe dein Gehalt rein, 60.000 €.“ Der HRler schiebt etwas Spielgeld hinein. „So, und nun pack ich dir drei Tage Home-Office mit rein. Bleibt bei 60.000. Dann bekommst du noch eine Altersversorgung, Getränke und frisches Obst. Immer noch 60.000. Und eine Jahreskarte fürs Sportstudio. Und oben drauf noch ein Jobrad. Immer noch 60.000. Und du glaubst es nicht, zum Arzt darfst du während der Arbeitszeit auch, zack, ist drin. Und Weihnachten und Silvester hast du frei, brauchst keinen Urlaub nehmen, immer noch 60.000, null Abzüge, okay?“ 

Der HRler hat währenddessen die Tüte mit Symbolfotos gefüllt und hält sie der Bewerberin hin: „Willst du die Tüte nicht?“

Sie schüttelt den Kopf.

„Okay, ich machte die Tüte nochmal auf, aber nur für dich. Ich packe noch ein Weiterbildungspaket obendrauf. Und noch ein Deutschland-Ticket. Und immer noch 60.000. Jetzt musst du nur noch zugreifen.“

Wir wissen nicht, wie diese Geschichte ausgegangen ist. Aber Fakt ist, dass in vielen Stellenanzeigen die Liste der Goodies inzwischen länger ist als das Anforderungsprofil. Früher gab es nur die vermögenswirksame Leistung, irgendwann kamen Mineralwasser und Obst hinzu, es folgte zum Teil Red Bull und nun erweitert sich die Liste in atemberaubender Geschwindigkeit. Selbst Besuche beim Arzt oder im Fitnessstudio werden mitunter auf die Arbeitszeit angerechnet. Das gelang früher nur den Rauchern mit ihren Pausen. Und einige große Unternehmen bauen sogar Mitarbeiter-Wohnungen, was für beide Seiten Vorteile bringt.

Ich verstehe ja die Not der Firmen aufgrund des Fachkräftemangels, auch ich muss als Personalberater tagtäglich um die Gunst der Kandidaten werben. Aber ist eine immer größere Freigiebigkeit die Lösung? Oder eine tödliche Spirale? 

Dunkle Erinnerungen an die Baumarkt-Kette Max Bahr werden bei mir wach. Die warb mit „20% auf alles, außer Tiernahrung“. Aus dieser Rabattfalle kam sie nie mehr heraus und ging in die Insolvenz. Wie wollen Unternehmen all diese Goodies jemals wieder einschränken, wenn es erforderlich wird? Ich weiß es nicht.

Bleibt zu hoffen, dass sich nicht auch eine andere Unart in den Firmen breitmacht. Derzeit werfen unzählige Fußballfans während der Bundesligaspiele aus Protest Unmengen von Tennisbällen auf den Rasen. Was, wenn abgelehnte Bewerber zukünftig eimerweise Tennisbälle in die HR-Abteilung schmeißen?