Der freundliche Rezeptionist in meinem Frankfurter Hotel fragte mich beim Auschecken: „Wie fanden Sie die Buchmesse?“ Ich antwortete, dass nach meinem Eindruck die Aussteller und Fachbesucher rückläufig seien, dafür die Gänge breiter. Er nickte: „Ja, für uns war die Buchmesse früher eine A-Messe, nun ist sie eine B-Messe mit Tendenz zur C-Messe.“
Wie man sich doch täuschen kann, denn die Messeleitung selbst meldete im Vergleich zum Vorjahr leichte Steigerungen bei Fach- und Privatbesuchern sowie Ausstellern. Es kommt eben auf die Perspektive an.
Unübersehbar ist, dass die Messe in den letzten Jahren stark geschrumpft ist. Die Hallen 7–9 werden schon lange nicht mehr genutzt, außerdem wurde in einer der vorderen Hallen eine ganze düstere Etage als Eingang und Garderobe genutzt. Das besaß den Charme einer Kältekammer. Dieses Jahr waren auch die Gänge zwischen den Ständen deutlich größer, Platz war wohl genug vorhanden.
In den Hallen der deutschsprachigen Verlage dominierten unten die Konzernverlage sowie vor allem mit Thalia Deutschlands größter Buchhändler. Und genau an diesem erkennt man den Paradigmenwechsel, denn noch vor wenigen Jahren durften nur Verlage ausstellen. Nicht mehr der Austausch zwischen Verlagen einerseits und den Buchhändlern andererseits ist das Ziel der Messe. Sondern Buchkäuferinnen und -käufer sind die Zielgruppe, die jetzt sowohl von Verlagen als auch von Buchhandlungen bedient werden können.
Der Buchverkauf auf der Messe war früher ein Tabu und ist mittlerweile freigegeben. Und so prangte all überall an den Messeständen das Wort „Kasse“ in großen Lettern. Das war keine Messe mehr, sondern eine riesige Buchhandlung. In der es zudem reichlich Zusatzsortimente gab, von Postkarten über Tee bis zu Hoodies.
Dem Vernehmen nach beabsichtigt die Messeleitung, im nächsten Jahr alle deutschsprachigen Verlage in den Erdgeschossen der Hallen zu platzieren, damit die Besucher nicht auch noch Rolltreppe fahren müssen. In die oberen Stockwerke werden die ausländischen Aussteller einquartiert, die noch tatsächlich für B2B-Geschäfte nach Frankfurt reisen.
Allerdings, so mein Eindruck, bleiben die Verlagsmitarbeiter auch kürzer. Selten habe ich an den Garderoben so viele kleine Rollkoffer gesehen wie am Donnerstag. Alles Menschen, die noch am späten Nachmittag oder Abend abreisen wollten.
Und so komme ich zurück zu meinem Rezeptionisten. Man sieht schon an den gesunkenen Hotelpreisen, dass der Bedarf seitens der Aussteller gesunken ist. Die Taxifahrer klagen ebenfalls. Der Endverbraucher, auf den nur verstärkt gezielt wird, kommt morgens und fährt abends wieder heim. Und wie die Messeleitung sich in ihren Zahlen sonnt, so stehen die „Messe-Zulieferer“ gefühlt im Regen.
