Business Insider berichtete vorige Tage von einer Umfrage unter 800 Entscheidern in den USA zu ihrem Recruitingverhalten. Dabei kam heraus, dass die Mehrzahl lieber ältere Jobsuchende einstellt als Uniabgänger. Letztere würden in den Gesprächen schlicht keinen guten Eindruck hinterlassen. Das beginne mit einem fehlenden Augenkontakt und setze sich mit unangemessener Kleidung sowie völlig unbegründeten Gehaltswünschen fort. 20% der Befragten bemängelten auch, dass der Bewerber ein Elternteil mit zum Gespräch gebracht habe.

60 % der Entscheider meinten, dass die Uniabsolventen nicht auf das Arbeitsleben vorbereitet seien, nicht gut mit Feedback umgehen könnten und überhaupt schlechte Kommunikationsfähigkeiten besäßen. Deshalb würden die Befragten lieber den älteren Bewerbern ein höheres Gehalt zahlen, ihnen Zugeständnisse beim Home-Office machen oder überqualifizierte Bewerber einstellen. Die GenZ äußere gerne Ansprüche und sei schnell leicht beleidigt. So verhilft diese den GenX und Y ungewollt zu Jobs.

In der Umfrage wurde aber auch darauf verwiesen, dass die Pandemie die GenZ beschädigt hätte. Große Unternehmen haben deshalb gesonderte Schulungen eingerichtet, in denen z. B. Kommunikationsfähigkeiten, die richtige Kleiderwahl für das Büro oder das Verfassen von E-Mails gelehrt werden. Es wurde immerhin festgestellt, dass sich die Absolventen nach ein paar Jahren stärker in die Arbeitswelt einpassen.

Nun ja, war das nicht alles immer schon so? Da fängt jemand in seinem ersten Job an und ist entsprechend unsicher, macht einfache handwerkliche Fehler. Das finde ich in Ordnung. Sicherlich, früher haben Berufsanfänger kleinere Brötchen gebacken, weil es genügend andere Bewerber gab. Heute sind die Brötchen größer.

Mir werden Alltäglichkeiten heute vielfach zu sehr aufgeblasen. Da hat das sich an Studierende wendende Magazin „ZEIT Campus“ gerade einen Ratgeber mit dem Titel „Mental Health“ herausgegeben. Ich war einigermaßen fassungslos, als ich die Ankündigung las und bin es noch mehr nach Erscheinen des Ratgebers. „Zwei Drittel aller Studierenden in Deutschland fühlen sich gestresst und erschöpft“ heißt es dort. Und bei den Gründen hierfür finden sich Erklärungen wie „Wie geht es nach dem Studium weiter? Finde ich eine Stelle? Diese Fragen plagen mich.“ Die Frage stellt sich seit Jahrzehnten jeder Azubi, jeder Student. Kein Grund zur Plage angesichts des Fachkräftemangels. Ein anderer beklagt sich, dass er für seine Hausarbeit jeden Tag neun Stunden in der Bibliothek sitzt, weil er in zwei Wochen abgeben muss, aber den Aufwand unterschätzt und zu spät angefangen hat. Finde den Fehler. Und eine Dritte vermisst ihren Freund, der in einer anderen Stadt lebt. Ja, Liebeskummer hatten wir alle mal. Braucht es dafür einen 164-Seiten-Ratgeber für Studierende namens „Mental Health“? 

Apropos Buch. Letzte Woche schrieb ich, dass Dänemarks neuer König Frederik X. sich sehr modern gibt. Und was macht der Mann? Am Tag nach meinem Blog erschien zu aller Überraschung ein Buch von ihm, in dem er auf 112 Seiten seine Gedanken zu seiner Regentschaft skizziert. Ein König betreibt Marketing, das ist mal etwas Nicht-Alltägliches.