An einem Donnerstag sprach ich mit einer möglichen Kandidatin für eine Vakanz. Sie war hellauf begeistert. In der vorgestellten Position könnte sie endlich ein paar Kenntnisse und Stärken anwenden, die in ihrer derzeitigen Aufgabe nicht gefragt seien. Dieses Angebot sei ein Traum! Wir verabredeten uns für den folgenden Montag zum Interview. Zur Vorbereitung wies ich natürlich auf die Website meines Kunden hin.
Am Montag erreichte mich in aller Frühe eine Gesprächsabsage. Sie hätte sich am Wochenende noch einmal alles durch den Kopf gehen lassen. Und wäre nun nicht mehr so überzeugt. Von weiteren Nachfragen bitte sie Abstand zu nehmen.
Der plötzliche Sinneswandel überraschte mich. Vielleicht bin ich ungerecht, aber ich hatte sofort den Verdacht, dass da jemand aus ihrem Freundeskreis bei meinem Kunden arbeitete und sich nicht positiv geäußert hatte, warum auch immer. Der Firmensitz liegt etwas abseitig in einer kleineren Stadt, viele Mitarbeiter kommen aus der Region, auch die Interessentin wohnt dort.
Mich erinnert das an ein Erlebnis aus meiner Zeit als Angestellter. Ich wechselte von Firma A zu Firma B. Als das bekannt wurde, rief mich eine Ex-Kollegin an, die ein Jahr zuvor von A zu B gegangen war: „Warum hast du mich nicht angerufen, bevor du den Arbeitsvertrag unterschrieben hast? Dann hätte ich dir erzählen können, wie schlimm es hier ist.“
„Weil ich genau das gar nicht wissen wollte“, lautete meine Antwort. Ich hatte mir meine Meinung gebildet und freute mich auf den Wechsel.
Ich höre das als Begründung in Bewerbergesprächen des Öfteren: „Die Firma hat mir ein Freund empfohlen, der dort schon arbeitet.“ Das geht manchmal gut, manchmal auch nicht. Wenn ich beim zweiten Fall nachhake, stellt sich heraus, dass der Freund bald schon wieder gekündigt hatte, weil die Firma doch nicht so toll war. Oder in einer ganz anderen Abteilung sitzt, die bestens funktioniert. Während mein Gesprächspartner weniger Glück hatte. Es gibt noch genügend andere Gründe.
Was viele Fälle des Scheiterns eint, ist, dass sich die Betroffenen nicht genügend über die Firma informiert, in den Bewerbungsgesprächen nicht intensiv nachgefragt haben. Weil andere schon das Bild des Unternehmens in rosigen Farben gemalt hatten. Diese unkritische Haltung rächt sich. Nicht immer, wie erwähnt, doch immer wieder.
Auch umgekehrt verpasst mancher eine berufliche Chance, weil ihm eine enge Freundin oder ein alter Bekannter rät: „Zu dem Unternehmen geh bloß nicht hin.“ Vielleicht hätte derjenige dort aber den nächsten großen Schnitt machen können.
Empfehlungen und Hinweise sind für die Arbeitgeberwahl hilfreich. Aber kein Ersatz für die ganz eigene Meinungsbildung. Die schützt auch nicht vor Fehlgriffen. Aber wenigstens hat man sich dann nichts vorzuwerfen.