Berufe kommen und gehen, das ist normal. Wer kennt heute noch die Abtrittsanbieterin oder den Harzer? Wer hat vor 30 Jahren etwas von E-Mail-Marketing Managerinnen und Agile Coaches geahnt?

Schwierig wird es für den Einzelnen dann, wenn er selbst noch mitten im Berufsleben steht und sein Beruf allmählich verschwindet. Banken und Versicherungen z. B. brauchen heute Datenanalysten und nicht mehr den netten Menschen am Bankschalter bzw. den mit den vorgedruckten Versicherungsformularen im Aktenkoffer. Ein E-Auto braucht andere Autobauer als ein Verbrenner.

Nach meiner Erfahrung gehen Menschen ganz unterschiedlich mit dieser Veränderung um. Die einen ergeben sich dem Schicksal, bewerben sich munter durch die Gegend und wundern sich über all die Absagen. Frei nach dem Motto: „Irgendwas muss ich ja tun.“ Manchmal komme ich mit solchen Personen ins Gespräch und versuche ihnen die Position des Gegenübers aufzuzeigen: „Sie sind bisher im Außendienst für Sanitärbedarf tätig gewesen, nun bewerben Sie sich für eine Position als Einkäufer im Maschinenbau. Wie würden Sie reagieren, wenn Sie Personalverantwortlicher wären und so eine Bewerbung lesen?“

Andere machen sich Gedanken, suchen Anknüpfungspunkte. Da hat jemand im Einkauf einer Druckerei gearbeitet. Natürlich besitzt auch er kein Netzwerk im Maschinenbau. Aber er kann zumindest Einkauf. Und das ist schon mal ein eine Idee, aus der sich etwas machen ließe. Mit einer gründlichen Einarbeitung kann sich da jemand zu einer wertvollen Kraft entwickeln.

Ich kann jedem Betroffenen nur empfehlen, sich vorher Gedanken zu machen, wo seine Kernkompetenzen liegen. Und in welchen Berufen diese Kernkompetenzen gefragt sein könnten. Das alles immer unbedingt aufschreiben, manchen klugen Gedanken vergisst man nämlich auch.

Auch externe Unterstützung kann nützlich sein. Vielleicht bezahlt der alte Arbeitgeber noch ein Outplacement. Oder das Arbeitsamt ist zu einer Coaching-Maßnahme bereit. Oder vielleicht erlauben die Rücklagen, dass man in zwei, drei Stunden mit einem Coach investiert, um eine erste Klärung für sich zu schaffen.

All das führt nicht nur schneller zum Ziel, sondern es bewahrt auch vor sinnfreien Bewerbungen und entsprechenden Absagen. Die tun einem nämlich auch nicht gut.