Letzten Mittwoch fuhr ich erstmals seit 2019 wieder zu Buchmesse. Anfangs war alles wie gewohnt. Im Zug saß schräg hinter mir Frau Wichtig, anscheinend kaufmännische Leiterin einer Agentur. Sie telefonierte mit verschiedenen Mitarbeitern und vergaß dabei nie, über andere Mitarbeiter herzuziehen. War das unterhaltsam? Nein. Im Frankfurter Bahnhof waren die Gerüche so urinös wie immer, die Zustände rund um das Gebäude unverändert erschütternd.

Die Messe selbst bot ein ebenso trauriges Bild, zumindest in der Halle mit den deutschsprachigen Verlagen. Liebling, jemand hat die Stände geschrumpft. Viele waren deutlich kleiner geworden, andere bekannte Verlage fehlten ganz. Neu gab es die „workstations“, das waren nebeneinander gestellte Tische. Jeder Verlag hatte auf zwei bis vier von ihnen seine Bücher ausgelegt, ein Schild im Rücken verriet, welcher Verlag sich hier präsentierte. Verlage, die früher selbstbewusste und ansprechende Stände aufgebaut hatten, keine protzigen wohlgemerkt. Das sah alles aus wie auf Weihnachtsmärkten im örtlichen Rathaus, auf denen Menschen selbstgefertigte Blumenbilder und Topflappen anbieten. An so manchem Stand spürte man regelrecht das Unwohlsein der Mitarbeiter, an nicht wenigen wurde auch in Frage gestellt, ob sich Aufwand und Investitionen noch rentieren.

Lohnt sich diese Messe noch? Geschäfte werden schon lange auch außerhalb der Messewochen abgeschlossen, die Kommunikationswege sind heute andere und schnellere. Die Wege der Werbung haben sich weiterentwickelt, z. B. ist Marketing über Social Media oder Events deutlich effektiver. Die Zeiten von Werbeplakaten an Bushaltestellen oder einem üppigen Messestand sind vorbei. Das haben die Verlage klar erkannt und umgesetzt. Diese Realität war für einen Nostalgiker wie mich schwer verdaubar, aber schon der britische Barde Roger Whittaker wusste: „Abschied ist ein scharfes Schwert“.

Bevor nun noch weitere Tränen fließen: So mancher Stand hatte zumindest in diesem Jahr seine alte Größe bewahrt. Viel wichtiger waren aber zwei andere Beobachtungen, die mit jungen Leuten zu tun haben. Zum einen deren wachsendes Interesse an Self-Publishing. Sie wollen etwas veröffentlichen und machen sich nicht auf den Marsch durch die Institutionen etablierter Verlage. Sondern suchen sich eigene Wege und setzen gekonnt Social Media für das Eigenmarketing ein.

Zum anderen fand ich die Begeisterung für die Kategorie „Young Adult“ faszinierend. Eine Käufergruppe zwischen 12 und 18 Jahren, zumindest an den stark besuchten Messeständen zu 99,5% aus Mädchen bestehend. Eine eigene Welt mit vielen neuen, kleinen Verlagen. Eine Freude am Buch war da zu erkennen, von der man nur hoffen kann, dass sie wenigstens zum Teil anhält, wenn diese Gruppe älter wird. Bestseller wie „Kein Werwolf zum Heiraten“ oder „Die Krone der Feen“ bleiben mir zugegebenermaßen fremd. Aber ich bin auch nicht die Zielgruppe, für mich sind eher die Memoiren von Peggy March gedacht.