„Influencerinnen haben zu Unrecht das Image der netten Menschen von nebenan. Hinter ihnen stecke „ein ganzer Marketing-Apparat“. Wenn sie Influencerinnen für Events buche, stellten diese Kosten „in Höhe von bekannten Schauspielern“ in Rechnung.“ So zitierte der von mir sehr geschätzte Infodienst turi2 (der nur die weibliche Form anwendet) vor ein paar Wochen Birgit Kimmel. Sie arbeitet für die EU-Initiative Klicksafe und unterstützt Eltern bei der Medienerziehung.
Ja, was heute noch hui ist, ist morgen schon pfui. Spätestens seit dem Fall des vermeintlichen Wohltäters Fynn Kliemann sind die Influencer in Verruf geraten. Doch auch schon vorher war klar geworden, dass es vielen Influencern nicht um vertrauliche Tipps zu Beauty, Food oder Travel geht, sondern um Schein und Scheine.
Eine ganze Zeit las ich in Lebensläufen z. B. „Autor, Redakteur, Influencer“ oder „Data Scientist und Influencer“. Ich fragte mich dann gerne, wieviele Menschen diese Kandidaten schon influenct hatten?
Wer kein Influencer war, war zumindest Blogger. Also: „Autor, Redakteur, Blogger“. Das klang sogar noch etwas seriöser, weil Texte kreieren anstrengender ist als Käsekuchen in die Kamera zu halten. Ich habe nie geprüft, ob und wieviel die betreffende Person tatsächlich gebloggt hat.
Wohlgemerkt, es gibt seriöse Influencer und hervorragende Blogger. Ich will nicht alle über einen Kamm scheren. Was mir bloß auffällt ist, wie schnell sich Menschen an Moden anhängen, ohne dass sie dafür eine Grundlage (= Berechtigung) haben.
„Speaker“ zum Beispiel waren auch eine Zeit Mode, bis Corona Veranstaltungen unmöglich machte und die Speaker somit nicht mehr speaken konnten. Dafür gibt es nun aber die „Podcaster“. Wir erleben ja gerade eine Podcast-Schwemme, viele gute und seriöse sind darunter. Es ist ja großartig, wenn jemand eine neue Medienform einmal ausprobiert. Aber ist man dann gleich Blogger oder Influencer, Speaker oder Podcaster? Gehört nicht mehr dazu?
Weshalb tun Menschen das? Wollen sie ihre eigene Wichtigkeit erhöhen? Zeigen, dass sie wissen was trendig ist? Dass sie jung und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen sind? Ich habe keine Antwort, ich bin nur zuweilen verwundert. Und freue mich über die Ehrlichen, die tatsächlich gute Podcasts produzieren und sich zu Recht als Podcaster bezeichnen. Und die anderen Ehrlichen, die ihr Podcast-Ausprobieren unter „Hobbies und Interessen“ angeben.
Ja ich weiß, ich blogge auch und sollte mit meiner Kritik vielleicht vorsichtiger sein. Aber ich bezeichne mich nicht als Blogger, sondern bleibe Personalberater und Coach. Doch aufgepasst: Ich soll ganz passable Suppen kochen können. Vielleicht drehe ich hierzu eines Tages Videos und werde dann Soupfluencer.