„Ich liebe meine Familie und Golf. Ich bin glücklich, dass mein Leben schlicht ist.“ Nein, das hat nicht Prinz Harry gesagt. Sondern der walisische Fußballer Gereth Bale, der gerade das Ende seiner durchwachsenen, aber gut bezahlten Karriere verkündet hat. Ein Satz, dem ich mich gerne anschließe.

Im Gegensatz zu den Erlebnissen, die Harry gerade zum Besten gibt und die „Der Spiegel“ so wunderbar als „Verhengstung“ bezeichnet hat. Will ich, dass alle Welt so tief in mein Leben Einblick hat? 

Die meisten von uns werden sich dieser Frage nicht stellen müssen, da wir alle nicht berühmt genug sind. Und auch nicht verpeilt genug. Aber die Frage stellt sich natürlich im Berufsalltag sehr wohl: Welches Bild von mir will ich erzeugen und wie viel Privatheit gebe ich preis? Oder noch weitergesponnen: Als wer möchte ich in Erinnerung bleiben, was ist mein Lebensziel?

Natürlich gibt es Harrys in jeder Firma. Menschen, die einem in der Teeküche Dinge erzählen, die man nicht wissen will. Und erwarten, dass man ebenso mitteilungsbedürftig ist. Es gibt aber auch die ganz anderen. Ich erinnere mich an eine frühere Mitarbeiterin, die ihre baldige Heirat verkündete, aber allen Kollegen eindringlich verbot, am Tag der Hochzeit auch nur in die Nähe des Standesamtes zu kommen. Oder einen Abteilungsleiter, der seine Mitarbeiter morgens nie grüßte. Seine erste Äußerung war zumeist ein Anschnauzer. 

Der damalige Karstadt-Chef Thomas Middelhoff legte die 123 km von seinem Wohnort Gütersloh zur Zentrale in Essen grundsätzlich mit dem Hubschrauber zurück, weil er auf der Autobahn zu viel Zeit verlieren würde. Ich habe einmal mit einem Unternehmensberater gesprochen, der ständig unterwegs und so zum Millionär geworden war. In einem sentimentalen Moment gestand er, dass er vom Aufwachsen seiner Kinder nichts mitbekommen hatte. In einem Beratungsprojekt vor einigen Jahren sprach ich mit jemandem konkret darüber, dass er demnächst eine Abteilungsleitung übernehmen könne. Diese Idee wies er empört zurück. Er wolle seine Zeit lieber anders verbringen als mit noch mehr Arbeit. 

Es gibt in jedem Unternehmen die Lauten und die Leisen, die Emphatischen und die Bulldozer, die Karrierehungrigen und die Familienmenschen, die Verschwiegenen und die Quasselstrippen, die Besserwisser und die Pflichterfüller, die Intriganten und die Loyalen. Die gute Nachricht ist, dass jeder selbst bestimmt, wie er gegenüber Kollegen auftritt, wie er sich benimmt, wie er wahrgenommen werden möchte, ob er eines Tages dort als Harry in Erinnerung bleibt oder nicht.

„Mein Leben ist viel größer. Ich bin nicht meine Karriere.“ Ein Statement des jüngst verstorbenen Models Tatjana Patitz. Großartig.