An diesem Mittwoch beginnt die Frankfurter Buchmesse. Ohne mich. Das wird sie verschmerzen. Ich nicht. Aber es geht nicht anders und ich glaube, dass meine Beweggründe auch für andere gelten.

Mitte der 1980er bin ich das erste Mal auf die Buchmesse gefahren, seitdem jedes Jahr. Viele Jahre als Führungskraft in Verlagen. Später als Personalberater um Kontakte aufzufrischen, zu intensivieren oder neu zu knüpfen. Es war immer eine Mischung aus Heimkommen und Kennenlernen. 

Besonders gut erinnere ich mich noch an meine erste Leipziger Buchmesse gleich nach der Wende, zu DDR-Zeiten war ich dort nie. Ich war völlig verblüfft wie klein die Messe rein flächenmäßig war, verglichen mit Frankfurt. Nach drei Stunden hatte ich alles gesehen. Gebucht hatte ich drei Tage. Die inmitten dieser unglaublichen Aufbruchstimmung sehr lustig wurden.

Zurück nach Frankfurt. Die letzten beiden Jahre fand die Messe dort gar nicht (2020) oder nur sehr stark eingeschränkt (2021) statt. In diesem Jahr lautet die Hoffnung der Veranstalter „Es geht wieder richtig los“. Woraus für mich nichts werden wird. Dafür gibt es zwei, nein eigentlich drei Gründe.

Zum einen Corona. Ich würde mit der Bahn fahren. Habe ich Lust sechs Stunden mit der Maske im Zug zu sitzen? So sehr ich die Notwendigkeit hierzu einsehe, Spaß geht anders. Also lautet meine erste Antwort: Nein, habe ich nicht. Von meinen Kontakten höre ich eine andere Angst, nämlich die vor der Ansteckung in den Hallen. „Dass die Messe eine Virenschleuder wird, ist doch klar“, schrieb mir eine ehemalige Kollegin. Will ich mich anstecken? Nein.

Der zweite Grund sind die Anwesenden bzw. die Nicht-Anwesenden. Viele meiner Kontakte fahren nicht hin. Zum einen wegen der Corona-Gefahr. Zum anderen aber auch aus finanziellen Gründen. Viele Verlage minimieren angesichts ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage (u. a. steigende Papierkosten, Kaufzurückhaltung, Energiekosten) ihre Messeteams. Nur wessen Anwesenheit dort unbedingt erforderlich ist, darf fahren. Das heißt aber für mich, dass ich viele Kontakte nicht auffrischen kann. Und welche neuen ich mache bleibt ungewiss. 

Der dritte Grund, ein gut gefüllter Schreibtisch, der drei Tage Abwesenheit verbietet, sei nur nebenbei erwähnt. Ich habe für mich schweren Herzens beschlossen, dass der Messebesuch sich nicht lohnt. Eine Entscheidung des Kopfes, nicht des Bauches. Aber diese Gedanken habe nicht nur ich und wälzten nicht nur viele potenzielle Besucher der Frankfurter Buchmesse. Auch andere Branchen hinterfragen ihre Teilnahme an ihren Messen, Aussteller überlegen ihr zukünftiges Engagement zu reduzieren oder gar einzustellen. Für Kontakte, Präsentationen und Abschlüsse braucht man Messen nicht mehr in dem Ausmaß wie früher. 

Auch die Buchmesse ist in den Jahren vor Corona bereits geschrumpft, weil die Digitalisierung vieles verändert hat. Aber ich bin sicher, dass sie als weltgrößte Buchmesse überlebt. Und freue mich, wenn wir Pandemie und Putin überstanden haben und ich wieder mit einem guten Gefühl in den Zug nach Frankfurt steige.