Der Schock war einigermaßen groß, als Anfang Juni bekannt wurde, dass der Zahlungsdienstleister Klarna 10% seiner 7000 Angestellten entlassen wolle. Die schwedische Firma gehört mit einer Bewertung von ca. € 30 Milliarden zu den wertvollsten Start-ups überhaupt, den sogenannten Super-Einhörnern. Fast jeder Online-Käufer dürfte mit ihr bereits seine Erfahrungen gemacht haben.

Das für mich Spannende ereignete sich kurz darauf. Der Deutschland-Chef veröffentlichte im Netz eine Liste der Gefeuerten, um deren Verfügbarkeit zu signalisieren. Die Idee dazu kam aus dem Mitarbeiterkreis, die Eintragung geschieht selbstverständlich freiwillig.

Als ich das las, fragte ich mich: Ist das eine gute Idee von den Mitarbeitern? Zunächst: Klarna schadet das nicht. Die Menschen beschäftigt gerade anderes als Probleme von e-Commerce-Unternehmen. Und wenn, dann wird eher über ein Unternehmen wie Tesla gesprochen, das gleichzeitig die Entlassung von ebenfalls 10% der Mitarbeiter bekannt gab. Dass der Klarna Geschäftsführer diese Liste veröffentlicht, ist zudem sehr clever von ihm. So unterstützt er sogar noch seine Schützlinge bei der Arbeitsplatzsuche. Ohne dass es ihn etwas kostet. „Outplacement free“ sozusagen. 

Doch zurück zu den Mitarbeitern. Sie beweisen Mut, indem sie Millionen Mal „Ich bin gefeuert, ich suche Arbeit“ posten. Eigentlich erzählt man das ja nicht einmal seinem Nachbarn. Gleichzeitig setzen sie darauf, dass am Standort Berlin so großer Bedarf besteht, dass sie reichlich Angebote erhalten. Zumal sie ja vom Super-Einhorn Klarna kommen.

Einzuwenden ist aber, dass viele Start-ups momentan kriseln und eher Personal abbauen, man denke nur an die Bring- und Lieferdienste oder die E-Scooter-Anbieter. Und natürlich kommt die Standardfrage: „Warum bist Du bei den 10% und nicht bei den 90%?“ 

Nun sind es nicht immer die Low-Performer, die gehen müssen. Es kann sein, dass ganze Bereiche geschlossen oder Ebenen abgeschafft werden. Oder eine Quote erreicht werden muss, egal mit welchen Folgen. Insofern werden unter den Entlassenen gewiss auch Perlen sein. Ich habe das selbst einmal erlebt und musste wegen einer Quote Mitarbeitern kündigen, die ich nie und nimmer entlassen wollte. Der Substanzverlust für das Unternehmen war enorm.

Die Namen auf der Liste wird sich niemand merken, dafür sind sie nicht prominent. Die Liste ist aber eine Chance, schnell wieder in Lohn und Brot zu kommen, vielleicht bei einem Start-up, vielleicht aber auch bei einem etablierten Unternehmen inmitten der Transformation. 

Was die betroffenen Klarna-Mitarbeiter hier versuchen, ist mutig und unkonventionell. Deshalb gefällt mir ihr Vorgehen. Ich hoffe, eines Tages ein Fazit dieser Aktion zu lesen.