Kennen Sie Gustave Z. Luther? Nein? Ich auch nicht. Ich bin nicht einmal sicher, ob es ihn gibt. Aber wenn, dann ist er ein Phänomen, um nicht zu sagen ein Genie. Denn Gustave Z. Luther hat in diesem Frühjahr hoch aktuelle 45 Reiseführer veröffentlicht, die alle über Amazon vertrieben werden. Und das für so unterschiedliche Orte wie Phuket, Kapstadt und Bergen.

Wer jemals selbst Reiseführer geschrieben hat (wie ich) oder einen Reisebuchautor kennt, weiß, dass sich seriöse Autoren auf wenige Regionen beschränken, um ihre Bücher immer auf einem aktuellen Stand zu haben. Schon deshalb ist mir der Herr Luther etwas suspekt.

Meine Skepsis wird bestätigt, wenn ich in das Innere seines Bornholm-Reiseführers gehe. Ich habe das Buch natürlich nicht gekauft, sondern nur die angebotene Leseprobe gelesen. Da ist z. B. davon die Rede, dass auf dem Marktplatz der Hauptstadt die einheimischen Fischer auf ihren Ständen den Fang des Tages anbieten. Ein Weltwunder! Denn es gibt auf Bornholm gar keine einheimischen Berufsfischer mehr, die haben längst die Abwrackprämie der Regierung dankend angenommen und ihre Schiffe zur Verwertung freigegeben. 

Doch Gustave Z. Luther ist nicht allein. Auf den Bornholm-Reiseführer von John Bryan hatte ich bereits keine Lust mehr, als ich das Cover sah. Das zeigt den Nyhavn in Kopenhagen. Oder ist der Nyhavn jetzt ein Teil von Bornholm? Das wäre ein Weltwunder!

Und dann haben wir noch Parson Reames, der in diesem Jahr 13 Reiseführer gleichzeitig veröffentlichte. Über z. B. Albanien, Menorca und Kopenhagen. Was das Cover seines Bornholm-Reiseführers zeigt, weiß ich nicht, aber Bornholm ist es garantiert nicht. Nicht besser wird es im Innenteil. Da wird zum Beispiel die Entstehung der vier berühmten Rundkirchen einem Erzbischof zugeschrieben, der damit überhaupt nichts zu tun hatte.

Der Grund für all diese Fehler und den gewaltigen Titelausstoß ist leicht zu finden. Die Bücher sind mit KI erzeugt, da sind alle möglichen Textquellen vermixt und neu ausgespuckt worden, ohne dass nochmals jemand draufgeschaut hat. Ein Lektor hätte sich zudem der schlimmen Sprache und der Sprechblasen angenommen.

Von Biografien und Fachbüchern z. B. kennt man solche Machwerke bereits, nun fluten sie auch den Reiseführermarkt. Der ohnehin gebeutelt ist. Wenn man sich den Reiseführerbereich auf der Frankfurter Buchmesse anschaut und mit dem von früher vergleicht, könnte man weinen. Landkarten kauft fast niemand mehr, es gibt schließlich Google Maps und ähnliches. Auch Reiseführer sind immer weniger gefragt, für Reisetipps gibt’s Tripadvisor & Co. Dass so hintergründige Themen über eine Stadt oder ein Land verlorengehen, nehmen viele Reisende in Kauf. Und nun noch KI als Reisebuchautor. Da hilft nur der Rat: „Augen auf beim Reiseführerkauf!“