Ich finde es immer toll, wenn ich von Berufen lese, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Oder Bedarf an ihnen besteht. So erinnere ich mich, dass ich während der Pandemie von einem Pizzadienst las, der nicht nur die handelsüblichen Dr. Oetker-Pizzen lieferte, sondern diese beim Besteller auch noch in den Ofen schob. Die tiefgekühlte Mahlzeit selbst von Verpackung und Plastikfolie zu befreien war damals vielen zu mühsam. Ob der Bote die Pizza auch vorkauen musste, weiß ich nicht.

Eine andere schöne Idee ist der Handy-ADAC. Gemeint war, dass jemand zu dem armen Menschen nach Haus kommt, dessen Handy nicht mehr funktioniert. Ich erinnere mich, dass der Urheber der Idee von besonders häufigen Wasserschäden berichtete. Frauen erzählten, das Handy sei in den Kochtopf gefallen, Männer gestanden, dass das Gerät ins Klo gerutscht sei. Sein Fazit: „Männer sind ehrlicher.“

Und dann las ich noch von einem Liebesbrief-Service. Die Botschaft an die Kollegin im Büro, in die sich Mann verguckt hat, die richtige Formulierung für den Hochzeitsantrag, die Worte an den Gatten anlässlich der Silberhochzeit – all das soll jemand anders formulieren. Schade, dass Menschen all das nicht selbst formulieren können oder wollen. Und gefährlich ist es. Was passiert, wenn meine Angebetete von den galanten Formulierungen in meinem ersten Liebesbrief völlig ergriffen ist, um beim persönlichen Treffen festzustellen, dass mein Wortschatz doch ziemlich begrenzt ist? 

Hinüber zu einem Beruf, dessen Aufkommen zu erwarten war: Cannabis-Sommelier. Sommeliers sind ja eigentlich Weinexperten, die in guten bis hervorragenden Restaurants mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mittlerweile gibt es aber auch Bier-Sommeliers, Mineralwasser-Sommeliers oder Käse-Sommeliers. Und nun eben für Cannabis. 

„Die Besonderheit dieses Feldes liegt in der Kombination aus fundiertem Fachwissen, praktischer Erfahrung und einem tiefen Verständnis für die Qualitätsbeurteilung von Medizinalcannabis,“ formuliert Deutschlands erster Cannabis-Sommelier Dominik Benedens die Herausforderung. Der Cannabis-Sommelier beurteilt eine Sorte nach Optik, Haptik und Geruch. Zu dem Geruch könnte ich auch etwas sagen (schrecklich!), zu dem Rest nicht. Aber wenn man sich nach dem ersten Schmunzeln mit der Thematik ernsthaft befasst, macht diese Tätigkeit Sinn. Warum einen Sommelier nicht auch für diese Droge? Zumindest wenn man sich mit den therapeutischen und qualitativen Aspekten beschäftigt. Pessimistisch ist nur die Satire-Seite „Postillon“, die einen sinkenden Cannabis-Konsum prophezeit, da das Kiffen nicht mehr illegal sei.

Schwierig und wirklich gefährlich könnte es dann werden, wenn selbsternannte Experten, die nur praktische (aber dafür reichliche) Erfahrung vorweisen können, sich zukünftig in Zeitungen, Blogs oder Videos zu Wort melden und Kaufempfehlungen abgeben. Wie beim Wein schon üblich.

„Hamburgern empfehle ich diese Woche einen Ausflug ins Umland. Die Böden in der Kleingarten-Siedlung Pinneberg-Nordwest sind ganz hervorragend und lassen derzeit großartige drei Pflanzen pro Garten wachsen. Die Kleingärtner verkaufen ihre Erträge zentral über Fiete Mohr in Garten 92, Dienstag bis Freitag 16-18 Uhr.“