„Einsteigen, einchecken, entspannen.“ Wer erschöpft nach einer Bahnfahrt, die zehn statt sieben Stunden dauerte, am Ausgang des ICE steht und die Werbung für den DB Navigator sieht, empfindet diese als völligen Hohn.
Ja, ich wollte diese Woche mal wieder etwas Ernsteres schreiben, nachdem mein Text letzte Woche unter „Vermischtes“ rubriziert war. Aber hier schreibe ich und kann nicht anders als erneut „Vermischtes“.
Zugegeben, seitdem meine Kandidateninterviews überwiegend per Teams stattfinden, ist die Zeit meiner langen Bahnreisen vorbei. Andere könnten sicherlich noch ganz andere Geschichten erzählen. Der Reihe nach.
Der Fahrtanlass nach Koblenz war ein trauriger. Die Fahrt von Schwerin im RE perfekt, Ankunft pünktlich. Weiterfahrt im ICE ab Gleis 8. Kurz vor der Einfahrt die Durchsage: „Der ICE fährt heute auf Gleis 11 ab.“ Also alle die Treppe hoch und an Gleis 11 wieder hinunter. Kaum sind alle auf dem Bahnsteig, erfolgt die Durchsage: „Der ICE fährt heute auf Gleis 8 ab.“ Verbunden mit dem Hinweis, dass der Zug jetzt einfährt. Also jagen alle wieder die Treppe hoch so gut sie können und an Gleis 8 wieder hinunter.
Die Fahrt verläuft sonst problemlos, bis Neuwied hat sich der ICE eine Verspätung von ca. 30 Minuten erarbeitet, aber wer will sich über Kleinigkeiten aufregen? Die Regionalbahn nach Koblenz kommt kurz darauf. Alles fein.
Die gebuchte Rückfahrt ab Koblenz um 6.57 Uhr wird dann von der DB gestrichen, man solle lieber den Bus um 5.07 Uhr nehmen und zwei Mal umsteigen, um ab Gießen gen Norden zu gelangen. Dieser Abfahrtzeit wollen wir nicht nachkommen, müssen wir aber auch gar nicht, denn auch diese Möglichkeit wird bald darauf gestrichen. Was nun? Wir beschließen erst einmal im RE nach Frankfurt zu fahren. Ein Desaster. Eine wirklich charmante achtköpfige Gruppe vermutlich aus dem indischen Raum unterhält sich die kommenden knapp drei Stunden nonstop und in atemberaubender Geschwindigkeit. Ich weiß nicht, ob deren Lautstärke normal oder in Hörproblemen begründet ist, jedenfalls haben alle anderen auch etwas davon.
Und dann kommt Lokführer Motzki. Wir kriechen teilweise Richtung Frankfurt, müssen öfters ganz stoppen. Eine Verspätung von einer Dreiviertelstunde baut sich auf. Lokführer Motzki klärt uns nicht nur darüber auf, dass wir aufgrund von Schäden und Bauarbeiten langsamer fahren müssen, sondern er lässt sich auch über den mangelnden Instandhaltungswillen der Bahn ausführlich, ruhig und sachlich aus. Diesen Redeschwall wiederholt er unterwegs wortgleich mehrfach. Als wir endlich nach Frankfurt einfahren und er zum geschätzt siebenten Mal beginnt, können meine Frau und ich den Text über den Versager Bahn mitsprechen. Wir hoffen für den Mann, dass niemand von der Bahn mitfährt und mithört.
Wobei der Motzki nicht Unrecht hat. Unser ursprünglicher Anschlusszug verlässt den Bahnhof gerade, als wir halten. Der nachfolgende soll eine gute Stunde später einfahren, kommt aber erst mit einer weiteren Stunde Verspätung. Chaos und Verspätungen allüberall, defekte Oberleitungen vielerorts müssen als Begründung herhalten. Aber auch anderes sorgt für Verwunderung. So fährt ein ICE, während wir warten, fast eine halbe Stunde später ab als auf der Tafel angezeigt. Eine weitere halbe Stunde später wird über Lautsprecher durchgesagt, dass dieser Zug heute auf Gleis 8 abfährt. Äh, der ist doch längst weg.
Nun ja, knappe drei Stunden später als ursprünglich von der Bahn versprochen, sind wir wieder in Schwerin. Wir trösten uns damit, dass wir mit dem Wagen sicherlich mindestens einmal im Stau gestanden hätten.