Ich gebe zu, der heutige Blog ist nicht locker und vergnüglich, sondern zeugt von Verärgerung. Die in der selbst verordneten Sommerpause nicht geringer geworden ist.
In einem launigen Artikel mit dem Titel „Der goldene Gral“ hat sich das manager magazin (mm) bereits im Juli dem Kampf zwischen den Personalberatungen gewidmet, die die absoluten Spitzenjobs in großen Konzernen besetzen. Also Egon Zehnder, Russell Reynolds, Spencer Stuart etc.. Da sind „Personalberater im Goldrausch“, die „Heilsbringer- und Charakterköpfe-Fahnder“ erleben einen „nie gekannten Boom.“ Ganz so simpel ist es auch in unserer Branche nicht, aber das passiert, wenn eine Journalistin sich in Vorurteilen suhlt und von der eigenen Sprachbegabung berauscht ist. Sei´s drum.
Was mir an dem Artikel mächtig aufstieß, war allerdings der vermittelte Eindruck, Personalberater wären für die Anstellung von Menschen verantwortlich. So wurde die Frankfurter Personalberaterin Christina Virzi erwähnt, die sich „zwischenzeitlich“ (mm) um Führungsfragen bei der Commerzbank kümmerte. Sie fand für die Bank einen neuen CEO und einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden. Die Wertung des manager magazin: „Seitdem ist die Stimmung graustichig.“
Beispiel Zwei ist die Zehnder-Partnerin Brigitte Lammers, sie sei bei ProSiebenSat1 „noch in misslicher Erinnerung. Sie schleppte 2018 Max Conze (52) an, zuvor CEO der Staubsaugerfirma Dyson. Dessen ungestümer Dilettantismus vergraulte zahlreiche etablierte ProSieben-Kräfte. Nach weniger als zwei Jahren war Conze wieder weg.“
Sorry, manager magazin, aber beide Beraterinnen haben diese Leute nicht eingestellt. Das haben andere, nämlich die Verantwortlichen in den jeweiligen Firmen, hier der Aufsichtsrat. Kein seriöser Personalberater zwingt seinen Auftraggeber, seinem Kandidaten einen Arbeitsvertrag zu geben. Sondern er sucht geeignete Personen, filtert sie und stellt eine bis fünf Personen vor. Dass er diese Personen für geeignet hält, ist unbestritten, sonst würde er sie nicht vorstellen. Niemand wird irgendwelche ungeeigneten Zählkandidaten vorschlagen. Denn ein vermittelter Kandidat, der dem Unternehmen Freude bereitet, sorgt automatisch für den nächsten Auftrag seitens des Kunden.
Dass der Berater sich manchmal irrt, ist auch unbestritten. Passiert Geschäftsführern oder Personalverantwortlichen ebenfalls. Man lässt sich gerade auf der Top-Ebene gerne von Namen blenden oder von bisherigen Stationen, manchmal ist das Briefing auch nicht exakt genug. Der gefundene Kandidat findet sich z. B. in der neuen Branche nicht zurecht oder kann keine eigene Hausmacht etablieren. So wurden jüngst kurz hintereinander z. B. Kasper Rørsted (Adidas), Herbert Diess (VW) und Stephan Sturm (Fresenius) gefeuert.
Aber es ist halt ein von Führungskräften beliebtes Spiel, sich bei eigenen Fehlentscheidungen und bei unangenehmen Maßnahmen hinter Beratern zu verstecken. Ich habe das in meiner Angestelltenzeit selbst einmal bei einer Sanierung erlebt, als es um Personalabbau ging. Da hieß es dann: „McKinsey hat das so entschieden.“ Hatte McKinsey nicht, sondern höchstens dringend empfohlen.
Berater heißen Berater, weil sie beraten. Entscheider sind die anderen.