Ich hatte vor vielen Jahren ein Beratungsprojekt bei einem Kunden. Ich sollte ein Team von ca. 15 Leuten in Einzelgesprächen auf Herz und Nieren prüfen und Empfehlungen zur Organisation aussprechen. Der Abteilungsleiter meinte, ich könne angesichts der Raumnot in der Firma gerne sein Büro und seinen Schreibtisch nutzen, er sei auf Dienstreise.
Was ich an seinem Schreibtisch sah, verschlug mir allerdings die Sprache. Bilder seiner Frau, die ich nicht sehen wollte. Und von denen sicherlich auch seine Frau nicht wollte, dass ich auf sie blickte. Aber diese Anekdote fällt mir immer ein, wenn ich mit Kunden und Kandidaten darüber spreche, was ins Büro gehört und was nicht. Was im Zeitalter des Desktop Sharing sicherlich nicht einfach zu entscheiden ist.
Eine Möglichkeit ist Kunst. Kunst im Büro ist bei uns nicht so verbreitet wie in Dänemark. In 42 % der dortigen Firmen hängt Kunst. Und zwar richtige, nicht schon vergilbte Poster van Goghscher Sonnenblumen. Aktivposten ist die Non Profit Organisation „Kunst På Arbejde“ (Kunst am Arbeitsplatz), hinter der die Arbeitgeber und die Gewerkschaften stehen.
Diese besitzt über 30.000 Kunstwerke, welche sie in Büros, Gemeinschaftsräumen, Kantinen, Wartezimmern usw. platziert. Dabei geht es nicht um reine Dekoration, sondern vor allem um Auseinandersetzung mit dem, was dort hängt. Die Organisation hat herausgefunden, dass sich Arbeitnehmer auch über die Kunst unterhalten, sie die Kommunikation untereinander und die Kreativität stärkt. Kunst als Organisationsentwickler.
Ja, Unternehmen gewinnen sogar an Beliebtheit, wenn sie sich an diesem Programm beteiligen. Ein zentraler Bestandteil ist, dass diese Kunst von Zeit zu Zeit neu- oder umgehängt wird, um nicht wie Kaffeemaschine und Kopierer im Alltag zu verschwinden. Sondern um neue produktive Reibungen zu erzeugen. „Je digitaler wir werden, desto mehr Wert wird auf die Qualität des Analogen gelegt“, hat kürzlich die „Kunst På Arbejde“- Geschäftsführerin gesagt. Eine Herausforderung also für die, die diese Kunst einkaufen und aufhängen.
Eine Befragung des Arbeitgeberverbandes hat ergeben, dass 70 % der Mitarbeiter meinen, dass Kunst am Arbeitsplatz diesen attraktiver macht. Eine beeindruckende Zahl.
Auch dänische Museen leihen Kunst aus ihrem Bestand aus, vorzugsweise an Behörden und öffentliche Institutionen. Vor ein paar Jahren las ich, dass bei einer Inventur deutlicher Schwund festgestellt wurde. So manche Mitarbeiter, die in Pension gingen und ihr Büro leerräumten, zählten die Bilder zum Privatbesitz und nahmen sie mit. So war das mit der Kunst im Büro aber nicht gemeint.