Vorige Tage kaufte ich in einer kleinen Teehandlung ein. Die Inhaberin wog mir eine Sorte ab, ich legte zwei andere dazu, die ich im Regal gefunden hatte. Sie wies auf eines der Tütchen und meinte, dass das eigentlich kein richtiger Tee sei. Viel zu künstlich. Einen solchen würde sie nicht trinken, schon das Bestellen sei ihr schwer gefallen. Ich nahm ihn trotzdem.
Es ist schon das ein oder andere Jahrzehnt her, da erzählte mir ein Freund, dass er Teil einer heute sehr erfolgreichen Weinhandelskette werden wollte. Zusammen mit jemandem aus der Zentrale besuchte er bereits bestehende Geschäfte. In einem beriet der Lizenznehmer gerade einen Kunden. Sein Gespräch beendete er mit: „Ach, wissen Sie, das hier schmeckt alles wie Leiche. Gut ist so etwas hier.“ Er öffnete einen Unterschrank und holte einen sehr süßen griechischen Wein heraus. Mein Freund und der Mann aus der Zentrale erstarrten.
Warum machen Leute das Produkt schlecht, an dem sie verdienen wollen? Ich frage mich das immer bei der Discounter-Werbung. Die bilden in ihrem Prospekt links das Marken-Waschmittel ab, rechts das Waschmittel der Eigenmarke. Das Marken-Waschmittel besitzt natürlich einen sehr schlechten Kilopreis und ein mieses Ergebnis der Stiftung Warentest. Wird vom Discounter aber trotzdem verkauft. Das hauseigene Mittel hingegen ist nicht nur brutal günstig, sondern auch top bewertet. Den Grund dafür habe ich schon begriffen, aber geht’s wirklich nur über das Schlechtmachen eines anderen?
Ich stelle mir diesen Ansatz für die Personalberatung vor. Ein Maschinenbauer sucht z. B. einen Außendienstler und fragt bei mir an. Ich versende einen Folder. Links steht „Erwin P., 54 Jahre, wechselt alle zwei Jahre, ist stets bemüht (laut Zeugnissen), Gehaltsforderung 110.000 €“. Und rechts „Sandra F., 39 Jahre, bislang nur in zwei Unternehmen, hervorragende (Zwischen-)Zeugnisse, 80.000 €“. Dass mein Kunde Sandra will, ist klar. Aber das Konstrukt wirkt äußerst merkwürdig, oder? Müsste Sandra nicht allein durch sich beeindrucken und nicht dank Erwin?
Andererseits kann man mit dem Schlechtmachen sogar anderen was Gutes tun und ihnen zu Einnahmen verhelfen. In Hamburg fährt derzeit ein Reisekollektiv mit seinen Gästen zu den großen Investorenobjekten der Stadt. Programmhöhepunkt sind sicherlich die Baulücken und die Bauruinen, die Rene Benko und seine Signa-Gruppe in der Stadt hinterlassen haben. Fahrpreis 18 €.
Dass eine Schlechtleistung nicht schädlich sein muss, beweist mit viel Einsatz gerade ein anderer. Donald Trump behauptet ja, im Falle eines Wahlsiegs von Kamala Harris würde diese den Amerikanern ihre Kühe wegnehmen und töten sowie aus Häusern die Fenster herausreißen lassen. Angesichts solcher Lügen würde der Mann normalerweise eingewiesen werden. Aber andernorts könnte er sogar Präsident werden.