Eine, wie ich finde, höchst interessante Diskussion ist in Dänemark ausgebrochen. Sie dreht sich um die Frage, welche Qualifikationen der Arbeitsmarkt von morgen braucht und wie der Staat hier eingreifen darf.

Die dortige Regierung hat beschlossen, dass Hochschulen ihre Angebote für naturwissenschaftliche und IT-Stellen um sechs bis 14% kürzen müssen. Damit will man Schulabgänger dazu bewegen, sich bei Nichterhalt eines solchen Studienplatzes ganz neu zu orientieren. Zum Beispiel Richtung Pädagogik oder Ausbildung statt Studium.

Die Begründung der Bildungsministerin war, dass es ökonomisch zwar interessanter sein könnte, wenn alle hochbezahlte Versicherungsmathematiker seien. Aber: „Wer kümmert sich um den Versicherungsmathematiker, wenn der krank wird und eine Pflegerin braucht? Wer unterrichtet seine Kinder?“

Diese Argumente stoppten den Aufschrei der Arbeitgeber nicht: „Das ist wie in die Hose zu pinkeln, um die Wärme zu halten“, kommentierte die Ingenieurs- und IT-Lobby IDA. Dem Staat würden perspektivisch Millionen über Millionen in der Kasse und damit für seine Aufgaben fehlen, wenn die Studienplätze für die hochbezahlten Jobs beschränkt würden. Unternehmen würden in ihren Entwicklungen gehemmt und die Regierung fördere so die Abhängigkeit von ausländischen Spezialisten.

Da war sie sich mit Henrik Winther einig, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Cowi. Die hatte in Dänemark vor fünf Jahren keinen ausländischen Mitarbeiter, heute beträgt der Anteil 16%, Tendenz steigend. Er warnt auch vor der von der Regierung angestrebten Verkürzung der Studiendauer. Denn: „Wir brauchen die besten Spezialisten.“ Er würde lieber jemanden nehmen, der fünf Jahre zum Tunnelbau in Mailand studiert hat als jemanden, der viereinhalb Jahre auf einer dänischen Hochschule gelernt hat. 

Ähnlich äußert man sich bei Europas derzeit wertvollstem Unternehmen, Novo Nordisk. Auch da sucht man die Besten der Besten, die gerne länger und dafür tiefgründiger studiert haben. Eine kürzere Studienzeit würde den Studierenden die Chance nehmen, sich ausreichend zu spezialisieren, so die HR-Leiterin. 

Sollen Schulabgänger schnell durch das Studium rauschen, um dem Arbeitsmarkt sehr bald zur Verfügung zu stehen? Oder sollen sie lieber etwas länger und dafür gründlich studieren? Soll eine Regierung die Verteilung der Arbeitenden auf die verschiedenen Branchen aktiv steuern? Und wen brauchen wir eigentlich für unsere Zukunft? Die spezialisierten Spezialisten? Spannende Fragen.