Es geschah vor einigen Jahren. Bei einem Kunden hatte ich bereits Vertriebsmitarbeiter erfolgreich platzieren können. Nun stellte ich eine junge Frau vor, die ich für sehr vielversprechend hielt. Der Personalleiter, ein erfahrener Mann, unterhielt sich eine Weile mir ihr, dann fragte er plötzlich: „Sagen Sie bitte mal, was wollen Sie eigentlich im Vertrieb?“

Meiner Kandidatin stockte der Atem, mir auch. Sie versuchte eine Erklärung, die nicht ankam, das Gespräch endete bald. Im Nachgespräch versuchte ich darzustellen, weshalb ich die Frau für tatsächlich geeignet erachtete. Vergebliche Liebesmüh. 

Doch wie das so ist, bleibt man mit einigen Kandidaten u. a. über soziale Medien verbunden. Und so entdeckte ich vor ungefähr zwei Jahren, dass meine damalige Kandidatin mittlerweile einen tollen Sales-Job in einer renommierten Firma innehat.

Nun wird nicht jeder Kandidat eingestellt, den man als Personalberater einer Firma vorschlägt, klar. Aber so krass habe ich es vor- und nachher nie wieder erlebt. Das Erlebnis verfolgt mich bis heute, weil ich noch immer frage, wie so etwas passieren konnte. Oder anders gefragt: An wem lag es? An der Kandidatin? Am Personalchef? An mir?

Jeder Personalverantwortliche wird diese Situation kennen. Da hat man als z. B. Abteilungsleiter einen tollen Kandidaten gefunden, das Erstgespräch verlief perfekt, die zweiten Runde findet gemeinsam mit einer Kollegin aus dem HR-Bereich statt und die legt ihr Veto ein. 

Oder umgekehrt. Die HR-Mitarbeiterin hat eine gute Kandidatin gefunden und ein sehr gutes Erstgespräch geführt. Dann stellt sie diese dem GF vor. Und weil sie seine Verhaltensweisen und Mimik kennt, weiß sie nach vier Minuten, dass sie der Kandidatin zeitnah absagen wird.

Woran liegt das? Weil da ein Typus Frau/Mann vor dem Entscheider sitzt, den er nicht leiden kann? Weil es eine Idealvorstellung für diese Besetzung gibt, diese der Kandidat nicht erfüllt? Lieber Frau als Mann, lieber 45 als 52 Jahre alt, lieber aus Düsseldorf als aus Dresden? Lieber Englisch C1 als B2, lieber mehr Praxis als einen Doktortitel, lieber 15 Jahre im selben Unternehmen als vier Wechsel in dieser Zeit? 

Ich weiß es nicht. Die Geschmäcker sind halt verschieden, es gibt nicht immer rationale Gründe. Manchmal ist es einfach nur die Chemie.

Übrigens: Dem eingangs erwähnten Personalleiter vermittelte ich erfolgreich noch weitere Mitarbeiter, dann ging er in den Ruhestand und wir haben leider nie geklärt, was in diesem einen Fall schiefgelaufen ist.