Ich gestehe: Ich war im Harry-Styles-Konzert. Wenn Sie sich jetzt fragen, ist der nicht der Schwarm aller Teenagerinnen und auch einiger Teenager? Der Weltstar, der ständig in der Presse ist? Dann antworte ich: Ja. Und gebe zu, dass ich den Altersdurchschnitt auch schlagartig angehoben habe. Eigentlich war ich auch nur als Fahrer vorgesehen, aber dann….
Man kann so einen Mann natürlich überheblich abqualifizieren wie Anja Rützel im Spiegel als „geglücktes Emanzipationsprojekt eines Boyband-Gezüchts oder als mühelos gender-elastisches Stylefabelwesen, als Queerness-Koketteur mit unklarem Kalkulationsgrad.“ Oder man versucht´s mal positiv, nimmt sein Publikum ernst und überlegt, inwieweit sich Führungskräfte von Styles etwas abgucken könnten. Denn er kann begeistern. Naja, werden jetzt einige sagen, 14- und 15-jährige zu beeindrucken, ist so schwer nicht. Und das überwiegend weibliche Publikum ist ihm eh verfallen. Aber diesen Status muss man ja auch erstmal erlangen. Die wenigsten Mitarbeiter dürften ihrem Vorgesetzten verfallen sein.
Das schafft er zum einen durch seine facettenreiche Musik. Laut und leise, hymnisch und melancholisch ist sie, kommerziell natürlich, aber handwerklich gut und nicht stromlinienförmig. Ich habe bei meinen Chefs einen vielseitigen Charakter immer geschätzt und Managerglätte nie gemocht.
Er lebt zweitens seine eigene Vielfalt aus, spielt mit Bisexualität, zeigt sich modisch äußerst extravagant, möchte alle Schranken niederreißen. Liebe ist schrankenlos, alles ist erlaubt. „Sei wie du bist.“ Ich habe es geschätzt, wenn gedankliche Vielfalt im Job erlaubt, ja sogar gefordert war. Wenn Chefs selbst mutig waren oder unkonventionelles Denken zuließen. Wenn dieses „Das haben wir noch nie gemacht“ endlich beiseite geräumt wurde. Wenn Mitarbeiter nicht in Korsetts gezwungen wurden. So ein Vorgehen birgt ein Scheitern ebenso in sich wie ein Gelingen. Doch ohne schrankenloses Denken gäbe es heute kein Auto und keine Kaffeemaschine, kein iPhone und kein Buch.
Und drittens nimmt Harry Styles sein Publikum ernst. Er unterhält sich mit ihm und antwortet konkret. Er gibt allen das Gefühl, ganz persönlich für sie da zu sein. Ja, das mag zum Teil auch clever kalkuliert sein, wir sind ja im Show-Business. Aber ich bin keiner der ihm verfallenen Teenager, sondern beurteile das aus einer gewissen Altersweisheit heraus. Ich nehme es ihm im Konzert ab, dass er tatsächlich viel Spaß an der Interaktion mit seinem Publikum hat. Etwas, was leider manchen Vorgesetzten abgeht. Für die haben Mitarbeiter nur zu arbeiten, wie der Name schon sagt. Regelmäßige Mitarbeitergespräche werden überbewertet, Nachfragen sind ebenso unerwünscht wie etwaige Sensibilitäten. Kalkuliert sind viele Äußerungen von ihnen im Übrigen auch.
Ich finde es jedenfalls ganz vergnüglich, einmal in ganz andere Bereiche zu schauen und zu überlegen, was sich davon in die Arbeitswelt übertragen lässt. Harry Styles´ Tun auf der Bühne ist für mich auf jeden Fall glaubhafter als Helene Fischer, die sich aktuell in einem Werbespot über die Sonderangebote von Lidl freut. Oder Basketballstar Dirk Nowitzki (Privatvermögen ca. 200 Millionen Euro), der in einem anderen Spot bei der ING DiBa einen Kredit beantragt.
Es war schon richtig, Harry Styles in zwei von bisher drei Nord-Coach Playlists Home-Office aufzunehmen https://open.spotify.com/playlist/7BNOLRKCGC7JfaQLj3iG4c?si=f523d064da6447a6