Ich fragte den Kandidaten, warum er das Unternehmen XY verlassen hatte. Seine Antwort: „Ich hatte das Angebot von der Firma ABC, das fand ich sehr interessant.“ Ich stutzte. Die Firma kam in seinem CV gar nicht vor. „Bei mir steht, dass Sie anschließend knapp zwei Jahre selbständig waren“, wandt ich ein.

„Ja, ich habe nach zwei Monaten gemerkt, dass der Job bei ABC nicht zu mir passte. Deshalb habe ich gleich wieder gekündigt. Ich wollte das im CV nicht extra erwähnen, ist ja nicht wichtig, ich habe das zu meiner Selbständigkeit dazugerechnet.“

Wir kennen sie alle, die schwarzen Löcher oder dunklen Flecken im Lebenslauf. Der Jobwechsel als großer Irrtum, der einem ob der Kürze peinlich ist, oder die Entlassung über deren Grund man nicht sprechen mag. Ereignisse, von denen der Bewerber nicht weiß, wie der Personalberater reagiert, wie der mögliche neue Arbeitgeber. Die Angst, wegen eines Fehlers oder Irrtums in der Vergangenheit aus dem Rennen zu fliegen.

Diese Ängste sind durchaus berechtigt. Dennoch ist meine Empfehlung, offen damit umzugehen. Denn am Ende kommt alles heraus. Deshalb sollten Sie diese Unsicherheit dem Personalberater gegenüber ansprechen. Möglicherweise wertet er das Geschehene als unüberwindbares Hindernis für sich oder seinen Kunden und beendet den Prozeß. Vielleicht sieht er das Ereignis aber auch als nicht so dramatisch an und bespricht mit Ihnen den Umgang. Er kennt seinen Kunden, kann dessen Reaktion einschätzen oder eventuell schon vorher mit ihm über den „dunklen Fleck“ sprechen. So oder so ist eine frühe Klarheit grundsätzlich besser.

Denn unsere Welt ist transparenter und wir sind damit gläserner geworden. Drei Aspekte.

Unsere Berufswege sind auf u. a. Xing und LinkedIn öffentlich einsehbar, geschönte Berufswege haben keine Chance mehr. Ebensowenig gefälschte Zeugnisse, laut derer z. B. jemand länger in einem Unternehmen war als tatsächlich.

Wir sind in den sozialen Netzwerken mit Menschen verbunden, die wir in der analogen Welt nie getroffen hätten, wer mit wem über wen spricht ahnen wir nicht einmal mehr. Unerwartet fällt einem da manches auf die Füße. Ich hatte vor einigen Jahren einen Bewerber, der von der Papierform her absolut geeignet war. Er konnte mir nur nicht glaubhaft begründen, warum er einen Job gekündigt hatte, in dem er sein Geld tatsächlich ohne viel Mühe verdiente. Ich forschte nach und erfuhr aus meinem Netzwerk, dass Herr X „sich in der Firma Frauen gegenüber nicht so verhalten hatte wie man sich Frauen gegenüber verhalten soll“, wie es mein Informant ausdrückte. Der Arbeitgeber hatte Herrn X zur Kündigung gezwungen.

Schließlich: Jede Erwähnung von uns in den Medien ist per Suchmaschine problemlos auffindbar, auch noch nach Jahrzehnten. Ich hatte als angestellte Führungskraft Anfang der 1990er(!) mit einem Lieferanten Meinungsverschiedenheiten. Die endeten damit, dass dieser Lieferant Geschäft einbüßte. Als ich nun 2021 eine Wohnung suchte, stellte sich heraus, dass der Vermieter damals in besagter Firma tätig war und sich dank Google an mich erinnerte, wie er bei der Besichtigung erzählte. Ich bekam die Wohnung natürlich nicht.

Tja, manchmal trifft es auch einen selbst.