Vorige Tage waren auf der Titelseite der SZ Bilder von René Benko und Karl-Theodor von Guttenberg nebeneinander platziert. Es waren Hinweise auf zwei unterschiedliche Artikel im Inneren, aber für mich ergab sich ein Zusammenhang. Sie waren einst Lichtgestalten, dann wollte sich kaum einer mehr mit ihnen sehen lassen. Karl-Theodor von Guttenberg war die große Hoffnung der CSU, ein smarter, freundlicher Mann, der klug redete, was ihm in der Bevölkerung höchste Sympathiewerte bescherte. Bis er über eine Plagiatsaffäre stolperte. Und der österreichische „Wunderwuzzi“ wurde u. a. für sein rasant wachsendes Portfolio hochwertiger Immobilien gehypt, unendliche Bewunderung war ihm stets sicher. Bis sich der Mogul als Jongleur entpuppte, als glückloser gar.
Die beiden sind nicht die Ersten und werden nicht die Letzten sein, denen dieses Schicksal beschieden ist. Man denke z. B. nur an Aufstieg und Fall des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz oder den Absturz des Kochs Alfons Schuhbeck, der zuvor kein Scheinwerferlicht ausließ.
Doch es muss ja nicht immer die große weite Welt sein, auch im ganz normalen Arbeitsleben hat die „Lichtgestalt“ ständig Hochkonjunktur. „Wir freuen uns, dass wir mit Herrn Mustermann einen allseits anerkannten Branchenprofi für unser Unternehmen gewinnen konnten, eine absolute Führungspersönlichkeit, die unseren Vertrieb erfolgreich durch die großen Herausforderungen der Zukunft leiten wird.“ Ja, so hatte man es auch formuliert, als sein Vorgänger vor sieben Jahren seinen Job antrat.
Ich habe solche Menschen oft erlebt, und vielen ist eine solche Überhöhung nicht bekommen. Ich weiß auch nicht, welchen Sinn und Zweck sie hat. Obgleich – natürlich kenne ich Herrn Mustermann. Er ist der Schutzschild seiner Vorgesetzten, er wird vorgeschoben als Mutmacher, als Nach-Vorne-Bringer, als Super-Motivator. Und wenn er es dann doch nicht schafft, folgt ihm eben Frau Musterfrau.
Dumm, dass auch er nur mit Wasser kocht, dass auch er Fehler macht. Dass er all das Lob fatalerweise für bare Münze nimmt und losstürmt, statt sich z. B. erstmal mit Mitarbeitern zu unterhalten und die Firmenkultur zu verstehen versucht. Spätestens mit den ersten von ihm veranlassten Veränderungen verfliegt der Zauber und der Widerstand seiner Mitarbeiter wächst, es werden Fehler gesucht.
Mancher bemerkt den Weg Richtung Abgrund noch rechtzeitig, andere verlassen das Unternehmen „in beiderseitigem Einvernehmen“ binnen Jahresfrist. Ich erinnere mich an zwei junge Überflieger, sie übernahmen rasch mehr und mehr Verantwortung, fachlich waren sie tatsächlich gut, aber noch nicht reif genug, um mit Ihrem rasanten Aufstieg umgehen zu können. In beiden Fällen kam es zu einem langen Burn-out.
Nichts interessiert Menschen so wie Menschen, deshalb wird es auch immer diese Lichtgestalten geben, an denen Menschen sich orientieren, die sie bestaunen und bewundern. Es scheint ein Grundbedürfnis zu sein. Doch diese Lichtgestalten tun sich selbst einen Gefallen, wenn sie in ihrem Inneren ihre eigene Bedeutung nicht überhöhen, sondern die Benkos und Schulzes dieser Welt vor Augen haben. Dann ist die eventuelle Fallhöhe eines Tages nicht so groß.