Neulich erzählte mir ein Geschäftsführer, dass ihm von einem Wettbewerber eine Führungskraft abgeworben worden war. Diese Person besaß allerdings eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr. Zum Quartalsende!

Die abwerbende Firma war unter Druck, brauchte den Neuen möglichst gestern. Mein Gesprächspartner reagierte darauf sehr kreativ. Er sagte dem Wettbewerber, dass er selbst sich ja nun kurzfristig Ersatz besorgen müsse. Aber keine Zeit und keine Kapazitäten hätte, diesen zu suchen. Er müsse folglich einen Personalberater mit der Suche beauftragen. Der würde ihn Summe X kosten. Wenn der Wettbewerber diese Summe bezahlen würde, würde er im Gegenzug die Kündigungsfrist des Abgeworbenen sehr deutlich verkürzen. Sie wurden sich nach einigem Hin und Her einig.

Ja, Ablösesummen für Mitarbeiter. Was im Sport gang und gäbe ist, beginnt anscheinend nun auch in der „normalen“ Arbeitswelt. Der Kampf um die Guten und die Hoffnungsträger wurde bisher über Work-Life-Balance, Home Office Regelungen, Red Bull unlimited, Obstkorb, Leasing-Fahrrad und Gehalt ausgetragen, jetzt kommt womöglich die Ablösesumme hinzu. Vermutlich ist dann die Signing Fee, also das Handgeld bei Unterschrift, auch bei normalen Angestellten nicht mehr weit. 

Ist das nun ein Fortschritt? Bleiben wir beim Fußball, wo die Ablösesummen ja absurde Blüten treiben. In der Bundesliga gewinnt seit Jahr und Tag nur ein Verein die Meisterschaft, in der englischen Premier League kommen dafür auch nur fünf Vereine von 20 in Frage, in anderen Ligen ist es ähnlich. Und Fußballfans erinnern sich, dass Bayern München jahrelang seinen größten Konkurrenten die wichtigsten Spieler wegkaufte, um sie zu schwächen. 

Übertragen auf die „normale“ Arbeitswelt hieße das, dass die vermögenden Firmen den Wettbewerbern ihre besten Leute wegkaufen. Und dank derer noch besser, noch größer werden. Ja, dieses System existiert heute im Grunde schon. Die großen Magneten wie z. B.VW im Raum Wolfsburg/ Braunschweig/ Hannover oder Airbus in Hamburg saugen längst den lokalen Arbeitsmarkt leer. Denn im Zweifelsfall können sie immer mehr bezahlen als ein kleinerer Betrieb und tun das auch. 

Über die Möglichkeiten der Mitarbeiterbindung für Mittelständler ist schon viel geschrieben worden. Die Ablösesumme kommt nun als Idee hinzu. Mein Tipp: Verpassen Sie jedem Mitarbeiter eine Kündigungsfrist von mindestens einem halben Jahr, gerne einem ganzen. Und wenn eine andere Firma den Mitarbeiter früher haben will, muss sie eine Ablöse bezahlen. Je wertvoller der Mitarbeiter, desto höher der geforderte Betrag. Eine gute Idee? Dann drücke ich Ihnen die Daumen, dass Sie den ein oder anderen Messi oder Ronaldo in Ihrem Betrieb haben.